Erziehung u. Verhalten, Heft 3/21, Premium

Unerwünschtes Bellen – So klappt‘s mit einem entspannten Urlaub

Urlaub im Wohnwagen oder Reisemobil – Erholung für die ganze Familie und ein Ziel, auf das sich viele Menschen mit ihren Hunden freuen! Aber damit es für alle Beteiligten ein Genuss wird, ist es wichtig, dass auch der Hund sich wohlfühlt und dort entspannen kann. Denn sonst ist nicht nur der Vierbeiner gestresst, sondern sorgt auch, wie zum Beispiel durch Bellen, bei allen Mitreisenden oder Mit-Campern für Stress und Ärger.

Damit man im Camping-Urlaub eine entspannte Auszeit mit dem Hund genießen kann, hier einige Tipps, wenn Sie einen bellfreudigen Hund haben. Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass es mehrere Gründe geben kann, warum ein Hund im Reisemobil oder Wohnwagen bellt und nicht zur Ruhe kommt. Zum Beispiel kann es sein, dass die Ortsveränderung, das ungewohnte Lebensumfeld oder auch die ungewohnte Geräuschkulisse am Urlaubsort um das Fahrzeug herum den Hund beunruhigen. Auch beim Menschen kann der geänderte Tagesablauf im Urlaub dafür sorgen, dass wichtige Bedürfnisse des Hundes unabsichtlich kurzfristig übersehen werden. Ebenso kann die Tatsache, dass der Hund plötzlich wirklich den ganzen Tag ungewohnter Weise mit seinen Menschen unterwegs ist, für den Hund ein großer Stressfaktor sein. Daheim genießt er vielleicht seine Ruhezeiten, die sich durch die Arbeitszeiten der Menschen ergeben.

Der kluge Camping-Fahrzeug – und Hundehalter – baut vor!
Damit sich der Hund grundsätzlich im Camping-Fahrzeug wohlfühlt und entspannt, sollte er dieses ausreichend lange vor der Fahrt in den Urlaub kennenlernen. Hier empfiehlt es sich mindestens zwei Wochen vor Urlaubsantritt, wenn möglich einmal am Tag, mit seinem Hund gemeinsame Qualitätszeit im Camping-Fahrzeug zu erleben. Dort kann gefüttert werden, gekuschelt oder massiert. Aber ebenso »einfach geruht«, während der Mensch zum Beispiel ein gutes Buch liest.

Findet der Hund den Aufenthalt mit seinem Menschen im Camping-Fahrzeug angenehm, ist es Zeit, ihm zu vermitteln, dass das Camping-Fahrzeug auch ohne Menschen eine Oase des Wohlfühlens und Ruhens ist. Der wichtigste Punkt ist, dass der Hund vorab schon von daheim kennt, einige Zeit allein sein zu können. Sollte das nicht der Fall sein, sollten Sie dieses Training dringend noch vor dem Training im Camping-Fahrzeug absolvieren. Geht es dann ums Alleinsein im Camping-Fahrzeug, ist es für den Hund wichtig, eine Möglichkeit zu haben, seinen Stress abbauen zu können und ein gutes Gefühl zu bekommen. Kauen und Lecken baut Stress ab. Dafür eignen sich alle etwas härteren, länger haltenden Kauartikel (der Hund sollte mindestens 10 Minuten, besser länger mit Kauen beschäftigt sein) und ebenso zum Beispiel mit Leberwurst oder Ähnlichem ausgestrichene Hundespielzeuge wie der Kong, die dafür sorgen, dass der Hund rund 10 Minuten mit intensivem Lecken beschäftigt ist.

Aber Achtung: Bitte nicht einfach den Kauknochen reichen und das Camping-Fahrzeug verlassen, sondern im Beisein des Hundes warten, bis sich dieser in eine genüssliche »Kau-Trance« gekaut hat und richtig vertieft ist. Erst dann verlassen Sie das Fahrzeug. Die Dauer der Abwesenheit des Menschen sollte langsam gesteigert werden – immer verknüpft mit wohligem Kauen / Lecken. Eine weitere Möglichkeit, das Stresslevel zu senken, ist der Einsatz bestimmter Düfte. Der Handel bietet eine große Bandbreite an Produkten an (zum Beispiel Pheromon-Halsbänder oder -Stecker, auch Lavendel- oder Kamillenblüte sind beliebte beruhigende Duftsorten). Diese sollten vor dem Einsatz im Camping-Fahrzeug auch unbedingt einige Zeit (mindestens 2 Wochen im Voraus) daheim in Ruhe-Situationen zum Einsatz kommen. Die Wirkung des Duftes sollte schon durch den Grundzustand des Hundes unterstützt werden. Dieser Duft kann dann in einer stressigeren Situation den Hund an die Ruhe »erinnern« – ebenso wie wir Menschen uns durch Düfte sehr häufig sofort erinnern an die Situationen, die wir mit ihnen verknüpfen. Welcher Duft Ihren Hund am besten entspannt, kann nur individuell durch Ausprobieren erfahren werden.

Entspannung lernen
Auch die konditionierte Entspannung mittels Entspannungsmusik ist eine wirksame Hilfe. Gute Erfahrungen hatten wir mit dem Relaxopet – ein Entspannungsgerät, das eine auf den Hund abgestimmte beruhigende Tonfolge spielt und spezielle Frequenzwellen aussendet. Wie schon bei den oben erwähnten Düften empfehlen wir, den Hund mit der Musik bereits mindestens zwei Wochen vor dem Urlaub daheim im gewohnten Umfeld vertraut zu machen. Stellen Sie eine entspannte Situation mit Ihrem Liebling her, zum Beispiel durch eine ruhige Massage, eine Kuschelsequenz oder gemeinsamen Mittagsschlaf. Wenn Ihr Hund entspannt ist, stellen sie den Relaxopet ein. Auch hier verstärkt das erlebte Gefühl die Wirkung der Entspannungsmusik und erinnert Ihren Hund in Situationen, in denen er aufgeregter ist, daran.

Eine weitere Möglichkeit, die zusätzlich zu Duft und Musik genutzt werden kann, dem Hund in die Entspannung zu helfen, ist ein konditionierter Entspannungsort. Sofern es Ihr Camping-Fahrzeug räumlich zulässt, kann eine ausreichend große Stoffbox (die den Vorteil hat, dass sie zusammengelegt, wenn nicht im Einsatz, sehr wenig Platz einnimmt) das »Allein auf den Besitzer Warten« erleichtern. Die Box kann als Rückzugs- und Ruheort dienen, in der sich Ihr Hund entspannt und sicher fühlt. Selbstredend muss auch dieses Tool zeitgerecht vor Ihrem Urlaub in Ihrem gewohnten Lebensumfeld daheim trainiert werden.

Hier Tipps, wie Sie die Box für Ihren Hund zu einem gern gewählten »Lieblingsort« machen: Stellen Sie die geschlossene Box in Ihr Wohnzimmer, ohne groß darauf aufmerksam zu machen. Im zweiten Schritt werden besonders gute Leckerchen von oben im Beisein Ihres Hundes in die seitliche und vorne geschlossene Box geworfen. Wenn Ihr Hund von sich aus unbedingt an die Leckerchen möchte, zeigen Sie sich wohlgesonnen und öffnen die Boxentür. Anschließend darf der Hund auch sofort wieder aus der immer noch offenen Box treten. Diesen Vorgang wiederholen Sie einige Male, dann sollte es reichen, dass Sie Leckerchen durch den offenen Eingang der Box werfen und Ihr Hund holt sich diese freudig heraus. Beim Betreten der Box kommt nun Ihr Signal für eben diese ins Spiel (z.B. »Box«, »Hausi« oder »Bettchen«). Die Dauer des Verweilens in der Box wird nun durch Kauartikel verlängert. Ob es sich um Kauartikel handelt, den Kong, oder auch die täglichen Mahlzeiten – das Verweilen in der Box wird nun positiv belegt. Hier können Sie sich auch schon die Wirkung von Duft und Musik zugutekommen lassen! In Kombination mit der Entspannungsmusik und der Unterstützung der Aromatherapie hilft der Höhlencharakter der Box vielen Hunden zur Ruhe zu kommen. Für all diese konditionierten Entspannungshilfen sollten Sie sich auf jeden Fall mindestens zwei Wochen Zeit nehmen! Wer auf Nummer sichergehen will, bringt seinem Hund das schon deutlich vorher bei – das nimmt den »Erfolgsdruck« auch vom Menschen. Denn wie wir alle wissen: Der Gedanke »Das muss in zwei Wochen klappen« macht uns Menschen viel Druck und diesen spürt der Hund. Daher das Motto: Je klüger der Hundebesitzer, desto länger im Voraus baut er vor!

Auf dem Campingplatz
Mit all diesen vorab getätigten Maßnahmen, ist in aller Regel ein entspannter Hund im Camping-Fahrzeug sehr wahrscheinlich. Und: Ein entspannter Hund bellt nicht. Wie wir aber wissen, können auch vor Ort auf dem Campingplatz noch Faktoren hinzukommen, die den Hund beunruhigen. Zum Beispiel ein Stellplatz, der sehr nahe an hochfrequentierten Orten wie sanitären Anlagen, Restaurant oder Kinderspielplatz ist. Die Geräusche und der Trubel, der im Camping-Fahrzeug nun ungewohnt ist für den Hund, können beunruhigen und zum unerwünschten Bellen führen. Daher der Tipp: Suchen Sie sich stets möglichst abgelegene, ruhige Stellplätze. Das wird nicht nur Ihnen mehr Tagesruhe, sondern vor allem Ihrem Hund mehr Entspannung bieten. Zusätzlich können Sie Ihrem Hund, sollte das Umfeld auf dem Platz stressiger sein als gewohnt, durch 1-2 Spaziergänge á einer Stunde in ruhiger Natur helfen, den Stress abzubauen. Gleichmäßige Bewegung wie spazieren, joggen oder radeln (nicht toben, rennen, spielen) baut Stress ab und gibt dem Hund die Möglichkeit, Stressoren wieder besser verarbeiten zu können und damit ruhiger zu bleiben.

Der veränderte Tagesablauf des Menschen im Urlaub führt zu veränderten Abläufen für den Hund. Auch diese können stressen. Das kann zum einen sein, dass der Hund nun häufiger allein gelassen wird als er es von zuhause kennt. Es kann ebenso sein, dass der Hund deutlich mehr erlebt als er es gewohnt ist. Aber der Reihe nach. Sollten Sie feststellen, dass Ihre Urlaubsaktivitäten dem Hund mehr Allein-Zeit bescheren, als er sie kennt, ist der beste Weg eine gezielte »Hunde-Zeit« einzuplanen. Ein schöner großer Spaziergang morgens, bevor man mit der Familie zu einer Unternehmung aufbricht, ist da sehr sinnvoll. Im Anschluss an den Spaziergang den Hund zum Beispiel sein Frühstück in der Wiese vor dem Camping-Fahrzeug erschnüffeln zu lassen, strengt die Nase und somit auch das Köpfchen des Hundes an und macht ihn zufrieden und müde. Nun kann er guten Gewissens einige Zeit das Erlebte ausschlafen und wird nicht aus Langeweile anfangen, im Camping-Fahrzeug zu bellen. Es kann auch sein, dass Ihre Urlaubsaktivitäten den Hund überfordern, weil er mehr dabei ist als sonst und so über den ganzen Tag ständig neue Eindrücke zu verarbeiten hat. Das ist sehr anstrengend, die Impulskontrolle ist aufgebraucht – der Stress bahnt sich lauthals seinen Weg.

Hier ist es wichtig, nach solchen Tagen Ihren Hund nicht allein zu lassen. Sie sollten sich im ruhigen und geschlossenen Camping-Fahrzeug zu ihm setzen und ihm helfen, zur Ruhe zu finden. Massagen, kuscheln und gemeinsam liegen bietet sich an. Aber ebenso die schon erwähnte Nasenarbeit: Also raus auf eine ruhige Wiese, drei Hände voll Leckerchen gestreut und der aufgeregte Vierbeiner darf sich durch das ausgiebige Schnüffeln selbst wieder ein wenig erden. Und auch hier: Ruhiges, gleichmäßiges Gehen hilft den Stress abzubauen. Leine dran und 30 Minuten ab in die Natur, idealerweise in einem leichten Trab – den Stresspegel durch dynamisches Ballspielen oder Ähnliches noch höher zu treiben wäre kontraproduktiv.

Zudem hilft es Ihrem Hund, wenn Sie nicht täglich für ihn aufregende Touren planen. Stattdessen abwechselnd Tage mit langen, ruhigen Spaziergängen in der Natur einplanen, oder ihn – so er es gut kann – im Camping-Fahrzeug in Ruhe allein lassen, während Sie sich Touristen-Attraktionen ansehen. Ihr Hund wird es Ihnen danken, wenn er nicht überfordert wird! Manchmal und gerade im Urlaub, wenn man als Mensch länger ruht und schläft, wird übrigens gern übersehen, dass Unruhe beim Hund auch daher resultieren kann, dass er seine gewohnten Lösezeiten nicht hat. Also: Vielleicht kneift auch einfach die Blase, wenn der Vierbeiner morgens gegen 6 Uhr unruhig wird.

Zusammenfassend sei gesagt: Eine gute und mehrwöchige Vorausplanung macht sehr viel Sinn und kann schon allein ausreichend sein, dass der Camping-Urlaub für alle Beteiligten entspannt und schön wird. Im Urlaub selbst sollte die Gestaltung so sein, dass der Hund weder mehr allein ist als gewohnt noch täglich eine viel größere Stressbelastung durch ungewohnte Umweltreize bekommt. Und das Wichtigste: Solange der Mensch erkennt, dass sein Hund Stress hat, sollte er diesem nicht mit Strafe oder Härte begegnen, denn das vermehrt den Stress. Hier können alle unsere Tipps zum Einsatz kommen, denn sie zeigen dem Hund: Mein Mensch versteht mich und ist für mich da. Und das ist nicht nur für Hunde eines der beruhigendsten Gefühle, die es gibt.

Einen schönen und ruhigen Campingurlaub wünscht die Hunde-Uni Bock! 🐾

Die Autorin

Susanne Bock
Leitung der Hunde-Uni Bock

Ihre Hundeschule im Mostviertel (Niederösterreich) stellt die ideale Mischung aus erstklassiger Hundeausbildung mit breitem Beschäftigungsspektrum, hochqualifiziertem Sporttraining und individueller, achtsamer und verständlich umsetzbarer Alltagsarbeit dar. Effizient, ohne Schablone oder schwarz/weiß Denken, individuell an Hund und Mensch angepasst.

www.hunde-uni-bock.at
www.facebook.com/Hunde-Uni-Bock-362504943900995

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