Unterwegs mit dem Fahrrad-Wohnwagen
Sie können sich bestimmt an den Artikel in einer der ersten CamperDogs-Ausgaben erinnern, in der wir über eine Reise von Susi Kronstein in ihrem Fahrrad-Wohnwagen berichtet haben. Diesmal hat sie das frühsommerliche Wetter genutzt, um eine Vogelbeobachtungs-Reise mit ihrem Gefährt zu machen.
Das Wetter ist schön – die Reisesaison für den Fahrrad-Wohnwagen beginnt! Wie immer für meinen Hund Patchi und mich direkt von der Haustür weg. Seit ich mir vor zwei Jahren ein E-Bike zugelegt habe, liebe ich das Radfahren! Die letzten zweimal, als ich das Auto nehmen wollte, war jedes Mal wegen des langen Stehens die Batterie leer. Jetzt ist bereits das erste Halbjahr vergangen und ich musste das ganze Jahr noch nicht tanken. Wir fahren mit einem Fahrradwohnwagen, in dem Patchi während der Fahrt recht komfortabel mitreist. Er ist gehbehindert und darf bzw. kann nicht lange am Stück laufen. Als Welpe kam er in Spanien unter einen Traktor. Nun ist ein Hinterbein nicht mehr richtig mitgewachsen und 10 Zentimeter kürzer.
Unsere Reise geht zu vier Flüssen: Isar, Donau, Inn, Salzach
Patchi ist schon aufgeregt. Gleich geht es los! Er springt in den Wohnwagen, damit er nur nicht vergessen wird und zeigt sein unternehmungslustiges Grinsegesicht. Erstmal nach Norden, Richtung Isar. Es ist ein Donnerstag, und es herrscht schönstes Sommerwetter! So warm, dass ich ohne Jacke fahren kann. Mein erstes Ziel ist ein Biotop mit Vogelbeobachtungshütte in den Kreuzstauden, östlich von Landshut. Diese öffentlich zugängliche Vogelbeobachtungshütte »Infohaus Kreuzstauden« ist nur etwa 22 Kilometer von mir zu Hause entfernt. Leider direkt neben der Autobahn. Ich habe das Gefühl, dass die Vögel sich deswegen dort auch lauter unterhalten. Wegen des Autolärms macht Fotografieren mehr Sinn als Filmen. Trotzdem ist es bei diesem Biotop immer wieder spannend.
Auf dem Feldweg, der zur Hütte führt, kann Patchi aussteigen und laufen. Dabei kann ich schon Graugänse, Störche und einen Fasan beobachten. Lachmöwen fliegen sowieso immer hier herum. Dann bleibt Patchi im Wohnwagen, während ich in der Hütte bin. Er hat die Möglichkeit, ein- oder auszusteigen, wie ihm beliebt. Er zieht es aber vor, drinnen zu bleiben. Ich nehme meinen Klappstuhl, Spektiv, Stativ und Foto und begebe mich ins Innere der Hütte. Es gibt Sichtluken in verschiedener Höhe. Mittlerweile wird es schon dämmrig, aber die Vogelwelt dort schläft noch lange nicht. Im Gegenteil! Meine Highlights an diesem Abend sind Kampfläufer und Grünschenkel. Dieses Biotop bzw. die Bodenbrüter dort sind sogar mit einem Stromzaun gegen Prädatoren gesichert (so nennt man die potenziellen Nesträuber wie Füchse und Marder).
Vögel sind hier immer zu sehen
Mit einem Bestimmungsbuch ausgerüstet ist die Artenvielfalt sicher auch für Kinder ein Erlebnis. Auch im Winter, wenn die Überwinterer vom Norden bei uns eintreffen. Morgen, ganz zeitig in der Früh möchte ich noch mal hierher fahren! Es ist schon dunkel, als ich unser Gespann bei einer netten Familie sogar unter ein Dach stellen darf. Kein Wetterbericht hat es angekündigt, aber in der Nacht gab es ein Gewitter. Das erste in diesem Jahr. Da ist es sogar mit einem trockenen Wohnwagen schön noch ein zusätzliches Dach über sich zu haben.
Um 6 Uhr starten wir. Leider muss ich die Einladung für ein Frühstück ablehnen, denn ich möchte ja zeitig die Vögel beobachten. Die würzige Morgenluft und die märchenhafte Morgenstimmung geben mir schon den ersten Glückskick für den Tag. Die Vögel im Biotop sind auch schon munter. Nur die Kampfläufer sehe ich heute nicht mehr. Die waren wohl nur auf der Durchreise. Dafür kann ich Kormorane und den Kampf von Blesshühnern beobachten. Kormorane tauchen wie die Weltmeister, aber da sie kein Gefiederfett haben, wie die Enten, müssen sie ihre Flügel zum Trocknen an der Luft auseinanderfalten.Nach einigen Kilometern kaum befahrener Landstraße und aussichtsreicher Frühstückspause kommen wir bei Dingolfing (da sind BMW und Develey-Senf her) an die Isar. Im Vorbeifahren sehe ich eher wenige Vögel. Sie zeigen sich, wenn man ein wenig still sitzt. Ganz plötzlich kommt dann einer geflogen.
Am nächsten Tag ist mein geplantes größeres Ziel das »Infohaus Isarmündung«. Vorher gibt es aber noch Frühstück am See und die große Freude von Patchi wenn es endlich wieder weitergeht. Da ich keinen Wegweiser zum Infohaus gesehen habe, bin ich zuerst dran vorbeigefahren, habe meinen Fehler aber recht bald bemerkt. Das Infozentrum Isarmündung bietet für alle Altersgruppen etwas. Für die Kleinen einen Abenteuer-Spielplatz und für die Größeren viel kostenloses Infomaterial und sogar Bestimmungsbroschüren! Der Besuch lohnt sich! Für E-Bikes gibt es am Infohaus und gegenüber bei der Gaststätte eine Lademöglichkeit. Am Infohaus Typ 2 Stecker, keine Schuko!
Aber Achtung! Leider dürfen keine Hunde (mehr) auf das Gelände. Es gab bedauerlicherweise zu viel rücksichtsloses Verhalten von Hundebesitzern, wie mir die freundliche Dame des Infozentrums erzählte. Im Infohaus gibt es einen Verkauf von Büchern, Taschen und anderen hübschen Sachen. Es geht leider keine Kartenzahlung, nur in bar! Sonst hätte ich mich verlocken lassen, so eine hübsche Vogeltasche zu kaufen. Das Gelände um das Infohaus ist sehr abwechslungsreich. In der Nähe befindet sich auch ein Aussichtsturm.
Zur Isarmündung
Weiter geht unser Weg zur Isarmündung selbst. Dorthin, wo die Isar in die Donau mündet. Der Weg dorthin ist wunderschön, aber bei nassem Wetter mit Fahrrad nicht befahrbar, sagten mir mehrere Leute. Heute war es trocken und ich konnte problemlos sogar mit dem Fahrradwohnwagen bis zur Mündung fahren. Ziemlich unspektakulär ist es dort. Ich hatte mir das urig vorgestellt. Stattdessen dröhnt von der anderen Seite der Donau der Autoverkehr herüber und die Isar fließt fast wie ein Kanal in die Donau. Eine Weile später sind wir an der Donau auf dem sehr gut zu befahrenden Donau-Radweg.
Eine sehr nette Begegnung
Ein Radfahrer überholt mich, dreht den Kopf mit einem anschließenden »WOW«, und hält an. Es finden zwar oft nette Unterhaltungen auf dem Weg statt, aber diese war wieder etwas besonderes. Hans-Jakob, wie der junge Mann heißt, ist nämlich auf Europatour. Von Jena gestartet, hatte er als Ziel Teheran geplant. Ursprünglich. Da wusste er selbst noch nicht, dass er seine Route ändern würde! Er bekam von mir den »Irischen Reisesegen« mit auf den Weg, den ich mit meiner kleinen Babyharfe begleitete. Die kleine Harfe habe ich immer dabei. Sie schenkt so schöne Momente. Es ist spannend, Hans-Jakob auf Instagram zu folgen. Unter »Hansguckindiewelt« ist er zu finden. Auch auf YouTube. Dort erzählt er in seinem 1. Film auch von unserer Begegnung.
Passau bringe ich so schnell wie es geht hinter mich. Ich mag die Städte nicht. In Passau kommen wir zum Inn. Es ist unser 4. Tag. Ein zu enger Poller versperrt den Weg über ein Wehr nach Österreich, aber hilfsbereite Anwohner sagen mir, wie weit ich genau auf deutscher Seite den Fahrradweg benutzen kann, bevor er ziemlich bergig wird und wohl mit Fahrradwohnwagen zu schwer passierbar ist. Wir sollen bis zur Hängebrücke bei Wernstein fahren. Vorher biege ich aber noch falsch ab und verfahre mich. Wieder auf dem richtigen Weg genießen wir den schönen und problemlos befahrbaren Weg. Schönsten Naturboden im Waldschatten gibt es da für Patchis Pfoten und immer wieder Bademöglichkeiten für ihn. Außerdem entdecke ich eine Brandente und eine Mittelmeermöwe, die gerade ein ziemlich unappetitliches Etwas aus dem Wasser zieht.
Ob die Radfahrer, die da so durchrasen, auch die geschnitzten Figurenreliefs auf den umgefallenen Bäumen sehen? Die Quellen, die aus dem Hang sprudeln, oder die leckere Knoblauchsrauke, von der ich mir gleich für das Abendessen etwas in meiner Sammelbox mitnehme. Die Hängebrücke ist aus Metall und schaukelt kein bisschen, wie ich anfangs befürchtete. Die Übernachtungen sind, wie immer auf meinen längeren Touren, stets in der Zivilisation. Ich muss ja die Akkus laden. Jedes Mal sind die freundlichen Begegnungen eine Freude und Bereicherung der Tour.
»Guten Abend! Ich bin die Susi Kronstein. Wir zwei, mein Hund Patchi und ich sind auf einer kleinen Radreise und bräuchten einen Platz für die Nacht, wo wir stehen bleiben dürfen«! Mehr braucht es nicht, um die Herzen zu öffnen, und keine Frage, Strom bekommen wir auch immer. Mir wurden sogar mehrfach Frühstück und Dusche angeboten. Hinter Schärding verliere ich den Innradweg und gerate auf den Inntal-Radweg. Dort berührt mich das viele frische Grün der Büsche und Bäume ganz besonders. Es ist Frühling! Ich sehe und rieche ihn! Dieser Weg ist genau richtig! Ich bin in Vorfreude auf das Vogelparadies Inn-Salzachmündung und die Waldrappen in Burghausen. Davor feiere ich aber noch meinen 65. Geburtstag in einem wunderschönen Biotop. Ein früher Pirol singt mir ein Ständchen, was mich ganz besonders freut, denn er kommt normalerweise erst später zurück. Patchi nutzt die Pause für ein Schläfchen im Wohnwagen. Da lässt es sich gut aushalten, denn da piesacken ihn keine Ameisen.
Am Innspitz fließt die Salzach in den Inn. Dort gibt es wieder zwei öffentlich zugängliche Beobachtungshütten. Hübsche, kleine Knäkenten mit ihrer leisen, knarrenden Stimme sehe ich zum ersten Mal. An diesem Tag bin ich nur 18 Kilometer gefahren, weil es dort so viel Schönes zu sehen gibt. Der Wetterbericht hatte schon den ganzen Tag Regen gemeldet, aber außer etwas Nieselregen bleibt es trocken. Wir haben überhaupt großes Glück mit dem Wetter! Der 7. und vorletzte Tag führt mich zu den Waldrappen nach Burghausen. Nachdem wir, nach einer abenteuerlichen Bergabfahrt, um den idyllisch gelegenen Wöhrsee herumwandern und Patchi ein schönes Bad nehmen kann, bekomme ich endlich die Waldrappen in ihren Brutnischen am Pulverturm zu Gesicht. Diese Vögel sind so liebenswert hässlich, dass man sie einfach gernhaben muss. Schwarzes Gefieder, dazu ein nackiger roter Kopf und eine Federkrause wie ein Punk. Bis ins 17. Jahrhundert gab es Waldrappen in der Gegend. Das entdeckte man auf Zeichnungen in der Burg Burghausen, die mit ihren 1.043 Metern die längste Burg der Welt ist! Der Waldrapp ist eine der am stärksten bedrohten Vogelarten der Welt. In Burghausen findet seit dem Jahr 2004 ein aufopferungsvolles Wiederansiedlungsprojekt statt, bei dem die Jungtiere mit ihren menschlichen Ziehmüttern durch Leichtflugzeuge in den Süden zum Überwintern geleitet werden. Es gibt darüber zahlreiche wunderschöne Filme auf YouTube! Vom Imbiss der dortigen Minigolf-Anlage gönnte ich mir Pommes und suchte uns ein schönes Plätzchen mit Blick auf die Nistnischen der Waldrappe. Eine Übernachtung noch, dann wird der 8. und letzte Tag unserer Reise da sein. Aus Datenschutzgründen erzähle ich in meinen YouTube-Videos nicht, wo genau ich übernachte. In dieser letzten Nacht werde ich wieder zum Duschen und zum Frühstück eingeladen. Die Gastfreundschaft ist auch bei uns in Deutschland sehr groß! Man hört die Menschen immer nur vom Ausland schwärmen, aber es ist bei uns genau so. Nachdem ich mir in einer Bäckerei eine Semmel für die Pause gekauft habe, finde ich einen wunderschönen Platz an einem Bach, dessen Ufer von Land-Art Kunst geziert wird. Sogar die Künstlerin lerne ich noch kennen und wir haben eine nette, bewegende Unterhaltung. Eine Bäuerin hält mit ihrem Traktor und gesellt sich zu uns und der Mann der Künstlerin kommt schließlich auch noch dazu. Jetzt, ein paar Monate später, wurde mir ein von ihr wunderschön geschriebener Artikel über unsere Begegnung in dem dortigen Gemeindeblatt zugetragen. Die restlichen 40 Kilometer nach Hause verlaufen gemütlich mit einigen Pausen und auf sonnigen, leicht befahrbaren Wegen. 🐾
Auf ihrem YouTube Kanal »Susi Kronstein-Das Glück ist am Weg« erzählt sie von ihren Radreisen:
www.youtube.com/c/SusiKronsteinDasGlückistamWeg
Den vollständigen Artikel in der Heftansicht samt aller Zusatzinformationen können Sie im E-Paper nachlesen.
Hier gehts zum Artikel
No Comments