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Unterwegs in den Schweizer Bergen

Eine Genussreise mit Hund

Warme Sonnenstrahlen blinzeln an diesem Julimorgen durch die Vorhänge des amerikanisch-geräumigen Wohnmobils, während um uns herum langsam die Welt erwacht und das Abenteuer beginnen kann. Denn diesen Sommer haben mein Mann Oliver und ich uns etwas Besonderes ausgedacht: ein Urlaub in der Schweizer Natur ohne Kinder, der erste Solo-Ausflug seit vielen Jahren. Nur meine Dackelhündin Emma darf mit. Für uns ist das ganz neu, denn obwohl wir beide Schweizer sind und unser Heimatland eigentlich in- und auswendig kennen, sind wir durch unsere Berufe und als Familie ständig im Ausland auf Achse.

Diese erste Nacht in unserer mobilen Behausung am Waldrand mitten in der Großstadt Zürich weckt Vorfreude und Entdeckerlust. Natürlich sind wir gut vorbereitet mit einigen Apps, die uns das Reisen erleichtern sollen. Unser erster Stopp führt uns nach Ennetmoos im Kanton Nidwalden, denn die App »Place to Bee« verrät uns, dass Heidrun und ihr Bio-Bauernhof einen Platz für uns drei hat. Außerdem dürfen wir uns durch ihre selbst gemachten Leckereien kosten. Mitten auf einer Alm umrahmt von tiefgrünem und kühlem Wald werden wir herzlich empfangen und probieren den hauseigenen Most, Honig und Konfitüre. Die Bäuerin aus Leidenschaft erzählt uns alles über die eigenen Bienen und Kühe. Unsere Dackeldame Emma ist entzückt von den vielen neuen tierischen Freunden und tollen Düften. So vergeht der erste Tag auf Heidruns Hof wie im Fluge.

Auf Urlaubsmodus schalten

Gleich am nächsten Tag packen wir die E-Bikes aus und Emma in den Fahrradkorb. Wir umrunden in einer großen Runde den Sarnersee. Das kühle Nass leuchtet uns an wie ein grüner Smaragd und die Sonne lacht vom Himmel, während wir einen Zwischenstopp für ein Picknick einlegen. Emma erschnüffelt fröhlich die Umgebung, während wir inmitten einer grünen Wiese die lokalen Produkte von Heidrun genießen und den fleißigen Bienen beim Arbeiten zuhören. Das Wetter könnte besser nicht sein und wir lassen uns ganz auf die Schweizer Natur ein. Es gefällt uns bei Heidrun so gut, dass wir gleich 2-3 Tage bleiben und die Seele baumeln lassen. Einmal erkunden wir mit der einzige Cabriobahn das Panorama des Stanserhorns. Die Ruhe der Berge und die Geborgenheit der Natur um uns herum lässt uns langsam in Urlaubsmodus schalten und wir fangen an zu entspannen.

Da wir uns vorgenommen haben so viel wie möglich von der schönen Schweiz zu erforschen, packen wir die nächste App aus: »Park4Night« Sie schlägt uns Stalden in Sarnen vor. Alles wird online im Voraus gebucht und daraufhin bekommen wir die Standortdaten für Google Maps zugesandt. Dieser Platz ist außergewöhnlich und hat alles, was man sich unter Romantik vorstellt, aber bisher dachte, es existiere nur in Filmen. Hier sind wir ganz allein inmitten einer bunten Wildblumenwiese auf einer Geländehöhe. Ein kleines Holzhäuschen bietet Strom und Feuerholz. An der vorhandenen Grillstelle bereiten wir unser rustikales Abendessen zu und sehen der Sonne zu, wie sie langsam hinter den Bergen verschwindet. Jetzt hat unser Abenteuer in der Natur weit weg von Menschenmassen, Hektik oder Stress, wirklich angefangen.

Stefan, der Kuhflüsterer

Nach genügend Zwei- bzw. Dreisamkeit lassen wir uns von »Place to Bee« nach Hasle im Kanton Luzern führen. Während wir durch grüne Wiesen und Wälder bei herrlichem Sonnenschein tuckern, nähern wir uns dem Bio-Bauernhof von Stefan. Er nimmt uns sofort freundlich auf und wir können uns von vier Stellplätzen den Besten aussuchen. Zunächst bekommen wir einen Rundgang geboten und schauen uns das ländliche Leben genau an. Emma ist aufgeregt, schnuppert enthusiastisch alles ab und schließt mit Stefans Kühen sofort Freundschaft. Stefan ist eine Art Kuhflüsterer und hat eine ganz eigene Art mit den Tieren zu kommunizieren. Der Hofladen bietet alle Köstlichkeiten, die man sich nur vorstellen kann und wir schlagen hungrig zu. Die Gegend rund um Stefans Hof erkunden wir über mehrere Tage mit dem E-Bike. So lernen wir Land und Leute auf eine ganz neue Weise kennen. Der Morgen startet immer mit einem reichhaltigen Frühstück unter einem alten Apfelbaum, es fühlt sich an wie im Märchen und wir möchten diesen Ort ungern verlassen.

Mitten auf einer Blumenwiese

Doch die Reiselust ist stärker und so begeben wir drei uns zum Thuner See. Auch hier wartet ein Stellplatz auf uns, (gebucht über eine andere App) diesmal sogar kostenlos mitten auf einer duftenden Blumenwiese unweit eines weiteren Bio-Bauernhofs. Der niedliche Hofladen hat alles, was man braucht und in toller Bioqualität. Für uns ist diese Reise ein Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen und wir fühlen uns im Einklang mit der Natur und den Bewohnern vor Ort. Regionale Produkte sind ein zentrales Thema dieser Reise geworden und wir sind dankbar, dass es noch Menschen gibt, die diese harte Arbeit auf sich nehmen, damit wir davon zehren können. Unser Respekt für unser eigenes Land und deren Leute wächst von Tag zu Tag und das Essen ist einfach hervorragend, obwohl es nach weltlichen Standards wohl einfach ist.

In kurzen Hosen und T-Shirts lernen wir den Thunersee von seiner schönsten Seite kennen. Wer braucht schon Strand und Meer, wenn er die Schweizer Berge und deren Seen haben kann? Das Highlight ist eine Schifffahrt über den See und die Besichtigung der Schlösser am Uferrand. Emma benimmt sich tadellos und ist eine richtige Wasserratte als wir uns im grünblau schimmernden Wasser abkühlen.

Thailand trifft Schweiz

Wie Nomaden zieht es uns schon bald weiter in den Kanton Freiburg nach Oberschrot. Auch hier ist der Stellplatz, den uns die App »Place to Bee« vorschlägt, kostenlos und wir bekommen etwas Einmaliges geboten: Der Betreiber, ein Schweizer, ist mit einer Thailänderin verheiratet. Sie verwöhnen uns mit selbstgekochtem Essen und Wellness nach thailändischer Art und wir bekommen faszinierende Einblicke in diese asiatische Kultur. Das Dinner bekommen wir direkt an unserem Wohnmobil serviert und auch für Emma wird gesorgt. Das Ganze ist für kleines Geld zu haben und die Herzlichkeit ist authentisch. Weit weg vom Massentourismus verbringen wir eine weitere herrliche Sommernacht in der Natur. Wir drei sehen immer erholter aus und beginnen das Leben in allen Zügen zu spüren und auszukosten. Alle Weggefährten, die man auf so einer Reise trifft, sind gut gelaunt und man tauscht sich fröhlich aus. Die Stellplatzbesitzer hier sind sehr fleißig und zuvorkommend.

Unser nächster Halt ist das Simmenthal in Oey. Als wir auf den privaten Bauernhof fahren, sehen wir, dass der Stellplatz direkt an das Wohnhaus angegliedert ist und man quasi mit der Bauernfamilie mitlebt. Wir sind nach der Autofahrt hungrig auf Bewegung und unternehmen erst mal eine vorgeschlagene Wanderroute. Doch dann passiert es! Wir verpassen eine kleine Brücke und verlaufen uns ein Stück weit. Nun müssen wir einen großen Umweg laufen. Das war wirklich ausreichend Bewegung denken wir als wir endlich zurückfinden. Die Bauersleute kommen uns aufgeregt entgegen. Sie waren schon drauf und dran uns suchen zu lassen, da sie sich um uns sorgten. Auf den Schreck gibt es erst mal ein kaltes Bier und am Ende können wir alle über diese Episode lachen. Nach einem Pausetag, um den Muskelkater von der gestrigen ungewollten Sportwanderung auszusitzen, fahren wir nach Adelboden. Auch hier ist der Stellplatz direkt an den Hof angegliedert. Doch im Gegensatz zu den anderen Höfen gibt es keinen eigenen Bioladen mit Essen, sondern mit wunderschönen selbst gemachten Accessoires. Die Leute von diesem Bauernhof sind sehr hilfsbereit und helfen meinem Mann unser Wohnmobil gerade zu stellen und zu sichern. Bewaffnet mit einer Wasserwaage und passenden Holzkeilen aus dem angrenzenden Schuppen wird unsere mobile Behausung fachmännisch gesichert und wir können nachts beruhigt schlafen. Unsere letzte Station ist Alpnach. Schon von weitem vernimmt man das »IAAA« der Esel, welche rund um den Biohof auf ausladenden Weiden grasen. Mitten auf dem Hof gegenüber von Ställen und Wohnhaus teilen wir uns den Stellplatz mit zwei anderen Campern. Das führt zu lustigen Abendrunden in angenehmer Gesellschaft. Die Geräusche der Natur, wie das Rufen der Esel oder vorbeifliegender Eulen weckt einen die erste Nacht, da man nicht dran gewöhnt ist. Nur Emma kuschelt zufrieden auf ihrer Lammwolldecke und schnarcht zufrieden vor sich hin. Auf diesem Hof bekommen wir das Landleben ausführlich mit und werden entweder von den Eseln in den frühen Morgenstunden geweckt oder von den ersten Sonnenstrahlen wachgekitzelt. Die angenehme Kühle des anbrechenden Tages ist eine Wohltat, bevor die Hitze des Sommertages Einzug hält. Als wir diesen Hof verlassen ist besonders Emma sehr traurig, denn der ansässige Hofhund hatte sie sofort liebevoll aufgenommen und die Dackeldame ist schwer verliebt.

Aufgetankt mit Sommerwärme, den gemeinsamen Gesprächen unter dem klaren Sternenhimmel, den Düften der Natur und den regionalen Köstlichkeiten kehren wir in unseren Alltag zurück. Wir sind uns sicher, dass wir nächsten Sommer wiederkommen. 🐾

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