Wer träumt nicht davon, mal ein träumendes Kamel zu sein? So voller Naivität einfach drauflos zu schwanken. Genügend Wasser gespeichert, Satteltaschen prall gefüllt. Und vor allen Dingen: mit einer riesengroßen Portion Gelassenheit. Dann klappt’s auch mit der Oase, wenn man der Weisheit der Beduinen Glauben schenken möchte: Glück ist eine Oase, die zu erreichen nur träumenden Kamelen gelingt.
Vor vier Jahren fiel unsere Entscheidung, diese Erkenntnis auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen: Marokko – Dich lernen wir kennen. Da hierzulande eher selten »träumende Kamele« als Transportmittel bereitstehen, wählten wir – Camper aus Überzeugung – natürlich unser Wohnmobil zur Ansteuerung unseres Traumziels »Oase«. Ähnlich einem reisefertigen Kamel ausgestattet, jede Ritze vollgepackt, aufgesattelt, den Spielraum für die Zuladung im Auge, da der Camper beim Bereisen von »Neuland« flott zur Maßlosigkeit neigt, gingen wir es an: das Abenteuer, der fremde Kontinent.
Verzaubernde Welt des Orients
Mittlerweile blicken wir zurück auf mehrere Winterreisen durch dieses exotische Land, die fremdartig, verzaubernde Welt des Orients. Mit unserem Wohnmobil legten unsere Hunde Bazou (8 Jahre) und Chianga (5 Jahre) und wir über 30.000 km auf den Touren zurück, lernten mehr als 100 verschiedene Übernachtungsplätze kennen und begegneten liebenswerten, gastfreundlichen Menschen.
Seitdem unser erster Rhodesian Ridgeback Ekundayo vor vielen Jahren in unser Herz und unser Haus einzog, breitete sich in uns die Sehnsucht aus, solch ein wundervolles Geschöpf mit seinen dicken Katzenpfoten auf Heimaterde zu erleben, unter der Glutsonne Afrikas leuchten zu sehen, wie es über die endlosen Weiten der Savanne blickt, am Fuße der Wüstenberge herumstreift und den »Stern des Südens« am nächtlichen Himmel anheult. Schließlich war Dayos Opa ein »echter Afrikaner«, Pflicht also für uns, unserem Hund das Land seiner Väter zu zeigen.
Nur spielte das Leben seinerzeit anders und nicht mit. Unser geliebter Dayo starb, ohne seinen Wurzeln nähergekommen zu sein. Auch ängstliche Bedenken durchkreuzten hemmend unsere Reisepläne: Wie kommt man überhaupt hin in dieses »gefährliche Land«? Gibt’s da befahrbare Straßen und nötigen-falls Werkstätten? Und mit der Verständigung, wird’s wohl kompliziert?
Werden wir uns als Fremdkörper fühlen? Hört man nicht, dass Hunde nicht geschätzt werden?
Und wenn sie uns überall was aufschwatzen wollen? Oder wenn das Gas ausgeht? Vom Trinkwasser mal ganz zu schweigen! Lassen wir es doch lieber. Tja, so rieten viele Gutmeinende. Aber das war deren Wunsch, unserer war ein anderer. Und Angst war schon immer der schlechteste Berater. Also zogen wir los, was sonst.
Oase und sonst was – wir kommen
Und der Weg ist lang. Unsere beiden Afrikanischen Löwenhunde sind reiseerprobt und campingtauglich von Welpenalter an. Sie kennen das Leben im Wohnmobil, kommen mit ständig wechselnden Örtlichkeiten gut zurecht. Bis zum Hafen Algeciras in Andalusien liegen knapp 2.500 km vor uns, eine lange Strecke in Winterzeiten, in denen es bis hinunter nach Spanien grau, kalt und düster sein kann. Da sind schon mal Etappen von 700 km an der Tagesordnung, die außer kurzen Gassi-Stopps nahtlos »abgerissen« werden müssen. Vermutlich ist so ein Ridgeback mit seinem hohen Wärmebedürfnis und der totalen Unlust, bei Schmuddelwetter auch nur eine Pfote nach draußen zu setzen, perfekt für winterliche Womo-Langstrecken geeignet. Denn beide überstehen es glücklicherweise klaglos bis zum rettenden Hafen Algeciras.
Wüstenschiff auf Fährschiff – im Schiffsbauch gelandet
Unser »träumendes Kamel« läuft aus und über die »Straße von Gibraltar« ca. 14 km in knapp zwei Stunden Richtung Marokko. Die Hunde müssen während der Überfahrt im Wohnmobil bleiben. Wir selber erledigen an Deck die Einreiseformalitäten: Stempel in den Reisepass, Formular ausfüllen, das war’s. Ein Blick auf den immer kleiner werdenden imposanten »The Rock« Gibraltar und das greifbar nahe marokkanische Rif-Gebirge, und schon öffnen sich Fels und Hafenbecken Tanger Med. Unsere Aufregung steigt, ein wenig wie Prüfungsstress gemischt mit einem First-Date-Feeling. Am Womo zurück, hören wir glücklicherweise kein Gebell. Beide Hunde haben es sich in den Betten bequem gemacht, die Fährfahrt stressfrei überstanden, bemerken aber natürlich die leicht kribbelige Stimmung in uns und stehen sofort parat. Aber vor einem Spaziergang muss der Motor angelassen werden, ein Warnwestenmann winkt die ersten Fahrzeuge heraus. Der blecherne Lindwurm setzt sich in Bewegung, einer nach dem anderen rumpelt ins Tageslicht.
Afrika?
Sind wir wirklich da?
Unfassbar!
Richtig poetisch ist uns zumute, obwohl die hochmodernen Hafenanlagen wenig Spielraum für romantische Anwandlungen lassen und die Zollformalitäten an einigen Stationen von strengen, aber höflichen Beamten in tadellosen Uniformen zu erledigen sind. Es ist ein überwältigendes Gefühl, endlich anzukommen, am Ort der Sehnsucht, Vorbehalte über Bord geworfen zu haben, im wahrsten Sinn des Wortes, durchzuatmen und sich zu öffnen für all das, was jetzt noch gar nicht zu ermessen ist und jenseits jeder Vorstellungskraft liegt. Freiheit, Abenteuer, Erkenntnisse – für unsere Hunde und uns, haut- und herznah – Camping in Marokko macht’s möglich. Reisen muss bewegen, in jeder Hinsicht. Auf geht’s.
Über perfekte Straßen und mautpflichtige Autobahnen nehmen wir Neulinge die westliche Route in die touristisch recht gut entwickelten Regionen am Atlantik. Mit jedem Kilometer wächst unsere Sicherheit, die Ängstlichkeit weicht der Vorfreude. So zum Einfühlen in Land und Leute hangeln wir uns – sicherheitshalber – von einem Campingplatz zum anderen. Herrscht im Norden noch trubeliger Betrieb, vor allem in Großstädten wie Rabat und Casablanca, nimmt dieser gen Süden ab und verändert sich, ebenso die Bevölkerung. Alles wirkt bodenständiger und herzlicher. Überall sind wir gerne gesehen, man heißt uns willkommen. Für uns und die Hunde, denen man natürlich mit viel Respekt und Distanz begegnet, wird alles gerichtet. Man sorgt sich, bietet Tee, Essen, Ent-/Versorgung, Gasflaschentausch an, Fladenbrot – fast verschämt – für die Hunde, schleppt Gemüse und Meeresgetier herbei, das man uns mittags frisch gefangen präsentiert und am Abend verzehrfertig und liebevoll angerichtet vorbeibringt. Interessante Gespräche entwickeln sich, gestenreich mit Händen und Füßen und brockenweise Englisch, Französisch und Deutsch. Die Bevölkerung ist sehr bemüht und hilfsbereit, dabei lustig und zu Späßen aufgelegt. Es wird viel gelacht, egal ob nun »Geschäfte« zustande kommen oder nicht oder ob man sein Womo waschen lassen oder ein Abendessen bestellen will oder nicht. Die Grundgesinnung ist einfach zum Wohlfühlen schön, wie eine laue Meeresbrise.
Davon profitieren natürlich auch Bazou und Chianga, auch wenn sie mal einen etwas forschen Brotverkäufer, der am Womo klopft, derart verbellen, dass dieser sich fast in die Hosen macht. Die Hunde werden aber auch überflutet von unbekannten Eindrücken, von anderen Gerüchen, Tönen und Gesten. Die Marokkaner sind kein stilles, verhalten-abwartendes Volk, sondern sie gehen auf einen zu. So bewährt es sich, dass unsere Hunde gerne im Fahrradanhänger kutschiert werden. Sie fühlen sich darin pudelwohl auf allen Erkundungstouren, sei es beim Sightseeing durch die prächtigen Königsstädte oder auf Entdeckungsfahrt durch die alten Ksare (traditionelle Berber-Siedlungen/Speicherburgen) im Lehmgassengewirr oder auf Streifzügen durch riesige Oasen.
Herzlichkeit und Reichtum
Bei aller Weite, wirklich allein ist man kaum. Selbst in vermeintlich menschenleeren Gegenden tauchen wie aus dem Nichts Menschen auf. Nicht selten steht man plötzlich einer Dromedar- oder Ziegen- und Schafherde gegenüber. Aber nicht mal der scheueste Hirte gibt uns jemals das Gefühl, ungelegen zu kommen. Legt man den Touristen-Status ab, verlässt die heutzutage so gern genannte »Komfortzone« und empfindet sich als Mensch unter Menschen, als Gast im Land, erntet man die volle Herzlichkeit, einen ungeahnten Reichtum, einen wahren Schatz, den man mit nach Hause nehmen darf und der unvergesslich bleibt.
Fernab touristischer Regionen lebt man anders, normaler würde man sagen, wenn überhaupt für unseren Maßstab hier irgendetwas »normal« sein kann. In Marokko verhungert niemand, so wird uns immer wieder beteuert, jeder habe genug. Dennoch leben viele Familien, mit unseren Augen betrachtet, oftmals sehr einfach und karg, manche eingeschränkt und in großer Armut. Sie sind untereinander eng verbunden, aufeinander angewiesen, halten auch, zwar außerhalb des Hauses, Hunde zum Schutz und zur Jagd, versorgen und hüten ihre Herden, die ihre Existenz sichern.
Wüste, Schnee und Hitze
Kann man länger im Land bleiben, ist das Dahintrudeln sehr empfehlenswert. Wir entscheiden über den Reiseverlauf meist nach Lust und Laune und entsprechend der Wetterlage. Am Atlantik braust oft ein peitschender Wind oder Meeresnebel hüllt tagelang alles in einen blickdichten Schleier. Im Hohen Atlas kann es sehr frostig sein und Schnee liegen. Im Anti-Atlas fällt häufig viel Regen, Furten werden über- und unterspült und weggerissen, Straßen sind nicht mehr befahrbar, Routenänderungen oftmals nötig. Und die Wüste birgt ohnehin Überraschungen, sei es in Gestalt tagelanger Sandstürme oder seltener heftigster Regengüsse, selbst Schnee erlebten wir schon, und eine irre lähmende Hitze tagsüber, die uns auf unserer letzten Reise zur Abfahrt zwang, weil den Hunden und uns einfach die Puste ausging. So ein Abhängen unter der Markise tut mal einen Tag lang gut, dann reicht es aber auch. Wir verlassen selbst allerschönste Flecken, wenn etwas nicht mehr passt. Der große Luxus der Camper.
Marokko erleben bedeutet ohnehin, nicht an einem Fleck zu verharren. Die Andersartigkeit eröffnet sich einem eher beim Durchreisen dieser gigantisch beeindruckenden Natur mit ihren immer wieder neu aufziehenden Bildern. Sprachlosigkeit begleitet uns oft. Und es stellt sich trotz zahlreicher Reisewochen in Marokko kein Gewöhnungseffekt ein. Man kann sich nicht sattsehen, wird Teil, wird süchtig.Einen großen Anteil daran hat natürlich die enorme Freiheit für unsere Hunde und uns. Gut, denkt man an Weitläufigkeit dänischer Strände oder verwunschene Wanderwege vor unserer Haustür in der waldreichen Vulkaneifel, dann nimmt man an, dass dort die Freiheit wohnt. Es stimmt ganz sicher auch. Aber bei Marokko, dem Tor zu Afrika, wirkt dieser Zauber, der einen packt, die unfassbare Weite, die einen schweben lässt. Hinzu kommt dieses unbändig berauschende Gefühl, einen anderen Kontinent zu bereisen, etwas mit normaler Bereifung und Motorisierung zu entdecken.
Afrika, da schwingen so viele Emotionen mit, werden Träume ungeahnter Intensität in Gang gesetzt, nicht nur, wenn Bazou und Chianga Teil der Landschaft werden – und wir im flirrenden Licht förmlich das Löwenrudel im platt gedrückten Steppengras erkennen, dem Stampfen der fliehenden Springbockherde lauschen, sich in der aufgewirbelten Staubwolke schemenhaft zwei lange Giraffenhälse abzeichnen, während der im Geäst eines toten Baumes dösende Leopard sich zur Jagd auf ein paar unbedarft grasende Antilopen fertigmacht, bevor die Szene beherrscht wird von einem Rudel eleganter muskulöser Hunde mit Rückenkamm, die, dem gerade davon hetzenden Leoparden gleich, mit lang vorgestreckten Hälsen in geduckter Haltung, im Schutze des spärlichen Bewuchses furchtlos in Richtung Löwenlager pirschen in absoluter Gewissheit, das eigenständige Mitdenken über Generationen hinweg gelernt zu haben.
Der mit Abstand folgende Jäger ist da um einiges schlappschwänziger, rettet sich mit einem Satz in seine breit bereifte Allrad-Kiste und dampft davon, noch bevor das ihn beinah zu Tode erschreckende, hämische Gekichere einiger hinterhältig lauernder Hyänen verklungen ist. Gedanken an »Simba«, das Löwenkind, an »Die Wüste lebt« und »Ich hatte eine Farm in Afrika« kommen unweigerlich auf, lassen sich durch die faszinierende Schönheit der Bilder weit austräumen. Solche Gedankenspiele verweben sich zu Traum-Teppichen mit zeitloser Haltbarkeit ohne Verfallsdatum in dieser phantastisch anderen Welt Marokko.
Die Entrücktheit, die einem die Streifzüge durchs Land bescheren, geht einher mit überlegten vorausschauenden Planungen, die man aber auch getrost, sobald man sich »eingegroovt« hat, außer Acht lassen sollte, um es einfach laufen zu lassen. Wir bereisen Marokko ohne Navi und finden es sehr entspannend. Das Straßennetz ist überschaubar, auch wenn die Beschilderung plötzlich nur arabische oder Berber-Schriftzeichen zeigt. Eine detaillierte Landkarte und die Reisebücher der Marokko-Spezialistinnen sind wichtig. Außerdem hat es sich bewährt, bei Einheimischen oder Mitcampern nachzuhören, ob z. B. Nebenstrecken befahrbar sind. Vieles ändert sich in Marokko, ehemalige Pisten sind im nächsten Jahr asphaltiert, marode Strecken instandgesetzt. Genügend Zeit ist einzuplanen, da sehr schlechte Passagen und unpassierbare Stellen schon mal »Zurück Marsch Marsch« bedeuten. Ein absolutes Muss ist auch, vor Eintritt der Dunkelheit einen Übernachtungsplatz anzufahren. Bei Dunkelheit sollte man nicht mehr unterwegs sein, es ist höchst gefährlich. Fußgänger mit und ohne Tiere nutzen ganz selbstverständlich die Straßen, selbst mehrspurige Autobahnen, unbeleuchtete Vehikel und Eselskarren sind an der Tages-/Nachtordnung, wüste Schlaglöcher können einem bei Dunkelheit Achsen und Hals brechen.
Camping mit Familienanschluss
Der Wahl des Nachtquartiers widmen wir unterwegs viel Aufmerksamkeit. Und bei all den träumerischen Gedanken, angesteckt von unserem »träumenden Kamel«, hat dieses mittlerweile tatsächlich die ein oder andere Oase aufgespürt. Wir erinnern uns gerne an den »Camping Hakkou« in Aoufouss im Vallée du Ziz mit Familienanschluss, gemeinsames Ernten des Boxhornklees in den Oasengärten, Zubereiten des Couscous und den Ausflug in Abdouls klapprigem R4 mit Besichtigung seines Heimatdorfs. Oder an die Teerunden mit tiefgründigen Gesprächen und Erzählungen im Berberzelt im Schein des Lagerfeuers wie aus 1001 Nacht in der Oase Tighmert auf dem Platz »Aain Nakhla« des liebenswerten und sehr gut Deutsch sprechenden Salah und seiner Familie. Und in jedem Fall an die unmittelbar an der algerischen Grenze im Südosten Marokkos gelegenen Oasen Iche und Figuig.
Setzt man europäischen Standard bei den Übernachtungsplätzen voraus, könnte man enttäuscht sein. Vielfältig wie das Land, so sind auch die Plätze. Findet man im Großraum Agadir große Plätze voller Ordnung, auf denen sich Scharen von Campern tummeln, schätzen wir eher die authentischeren Stellen ohne Luxuseinrichtungen, da wir ohnehin alles an Bord haben. Viele Plätze stehen unter europäischer Leitung, was in der Regel eine andere Sauberkeit und eine andere Ordnung bedeuten. So hatten wir z. B. sehr schöne Tage auf dem stark frequentierten, aber wunderschön hoch über der Atlantikküste gelegenen »Terre d’Ocean« in Taghazoute oder dem urigen Camping »Sidi Wassay« mit voller Breitseite Atlantik und direkt am Strand, umrahmt von wellenumtosten Klippen. Überall fühlten wir uns aufgehoben und sehr wohl – mit Freiraum der Extraklasse und unvergesslichem Genuss.
Paradiesisches Freistehen ist nur eingeschränkt möglich, da tiefe Gräben am Straßenrand für herkömmliche Fahrgestelle unüberwindbar sind und das anschließende Gelände zu unbefahrbar ist. Möglichkeiten ergeben sich im Gebiet der sehr einsamen Westsahara, wobei grenznah zu Algerien oder Mauretanien die politische Lage im Moment wieder angespannt und sehr gefährlich ist. Wir sind ohnehin der Meinung, man sollte in Marokko die Plätze nutzen, die die Familien mit ihren spärlichen Mitteln im hügeligen Anti-Atlas oder im schroffen Hochgebirge des Hohen Atlas`mit seinen tiefen Schluchten oder in der Sahara aus dem Staub gestampft und meist sehr liebevoll hergerichtet haben, und das für häufig nicht mal 5 € pro Nacht. Bei den unendlich vielen Wahlmöglichkeiten für uns Reisende, ja, da hat man die Qual der Wahl – und sollte die Menschen durch einen Besuch unterstützen.
Freistehen im weitesten Sinne ist aber sehr toll möglich z. B. im Anti-Atlas im sehr speziellen Tafraoute, einer Umgebung, die kaum an Fremdartigkeit zu überbieten ist. Auf weiten Flächen stehen Wohnmobile zwischen wie von Geisterhand aufgetürmten rotbraunen Hinkelsteinen in paradiesischer Natur. Man wird gern geduldet hier unter den Augen des »Tête du Lion«. Ein Gemeindemitarbeiter kassiert 1 € am Abend, im Ort wurde eine Entsorgungsstation gebaut. Auf diesem herrlichen Stückchen Erde wird man von den Einheimischen mit allem Lebensnotwendigen versorgt, ein Wassertankwagen kommt, der Friseur, die Kuchenbäckerin, die Waschfrau und die Frau, die einem filigran die Hände mit Henna bemalt, der Teppichhändler, der Tajine-Lieferant, der Jeep-Tour-Anbieter, der Kfz-Meister und der Solarspezialist, der Fernsehtechniker und der Markisennäher, der Polsterer, der Maler, der Gasmann und der Geschichtenerzähler. Ja, bemüht ist man, und es ist das gute Recht eines jeden Marokkaners, seine Dienste mit zumeist perfektem, ausgesprochen günstigem Resultat anzubieten. Was und wie man als Tourist mit den angebotenen Leistungen umgeht, in welchen oft so lustigen Gesprächen und Verhandlungen das endet, das liegt an jedem selbst, ist Teil der Lebensart und befreienden Lebensfreude hier in Marokko.
Die ist auch der Händlerschar in den Souks zu eigen, wenn sie ihre Späße mit uns zusammen treiben. Ebenso spaßig geht es zu, wenn Bazou und Chianga auf ein Rudel streunender Hunde stoßen, die überall herumlungern. Die zwei zunächst als Eindringlinge wagemutig verbellten »Europäer« werden flott integriert, was vermutlich auch an ihrer Größe und dem zweifelsfreien Ausdruck Bazous liegt. Gelegentlich verkrümelt sich auch die komplette Streunermeute, sucht das Heil in der Flucht beim Anblick unserer Hunde und verschwindet in den verwinkelten Lehmgassen. Auch wenn wir eigentlich nur wohlgenährte zufriedene Hunde sehen, stellt sich natürlich große Traurigkeit über das Schicksal der vielen Streuner ein. Selbstverständlich verkennen wir nicht, dass Hunde an den touristischen Küstenabschnitten als störend empfunden und von den Behörden vergiftet werden. Wahrhaftig eine erschreckend unwürdige Maßnahme der Problemlösung. Das Schicksal der Straßenhunde ist fest mit dem Problem der Müllentsorgung verknüpft und befindet sich mit diesem in einem teuflischen Kreislauf. Denn von vielen Menschen produzierter und herumliegender Müll führt zwangsläufig zu großem Nahrungsangebot für Hunde und begünstigt damit eine massenhafte Vermehrung. Aber wir hören von Aktionen mit viel Aufklärungsarbeit bei der Bevölkerung und vielversprechenden Sterilisationsprojekten, die hoffen lassen. Zur Verarbeitung auch solcher Eindrücke eignen sich Tage und Nächte in der Wüste, die an unvergesslich beeindruckender Außergewöhnlichkeit ihresgleichen suchen. Das staubige, verschlafen wirkende Nest Merzouga ist Endpunkt Sahara für »normale« Wohnmobile in Grenznähe zu Algerien. Am Erg Chebbi findet man etliche Wüstencamps, die über feste Pisten gefahrlos angefahren werden können. Einige bieten Parzellen oder sind ummauert, in anderen parkt man in Lücken in natürlichem Gelände zwischen wogenden, immer in einem anderen Licht erstrahlenden trügerisch-lieblichen Sanddünen der Sahara. Merzouga ist natürlich mit seinem großen Angebot an Campingmöglichkeiten, Dromedarexkursionen und Wüstenbiwaks ein sehr begehrter Ort für Touristen aus aller Welt und in bestimmten Zeiten extrem besucht, aber will man die Wüste erleben, muss man hierher. Auch hier ziehen wir die einfachen, weniger gut besuchten Camps vor. Die Wüste und wir, mehr nicht. Ein bombastisches Erlebnis – wie auch die Jeeptour mit Mohammed, dem so sympathischen Marokkaner, der sehr gut Deutsch spricht und so stolz auf seinen mit »Ausflug in die Dünen« beklebten silbernen Offroader ist.
»Was ist eigentlich das Reizvollste an Marokko?
Der Weg und die Zeit, das Reizvollste zu finden! So könnte die Antwort sein.«
Zu Vieles lässt die Sehnsucht nach diesem Land wohl nie versiegen. Und beim Betrachten der Fotos sind wir sicher, dass das Schönste wohl die Westsahara mit ihren türkisblauen Lagunen und schneeweißen Sanddünen und dem riesigen Salzsee Sebkha Oum D‘ba über 600 km unterhalb Agadir sein könnte, an dessen »Ufern« wir im Camp Bedouin lagerten und aus dem Staunen nicht mehr heraus kamen. Fatamorgana, Stille, unwirklich … der Welt entrückt.
Mit schlafwandlerischer Sicherheit hat uns unser »träumendes Kamel« bisher herumgeführt, weit über Oasen hinaus. Der Mut hat uns nie verlassen, warum auch, wobei man ja auch ohne ihn weiterfahren könnte, Lösungen finden sich. Selbst eine Autopanne in der Westsahara mit 3 Tagen Notstopp im menschenleeren, wasser- und brotlosen Niemandsland haben wir überstanden. Dank ADAC und marokkanischer Mechaniker mit Abschleppfahrzeug wurde der Schaden in der Werkstatt in TanTan perfekt behoben. Unzählige versierte, erfinderische Mechaniker warten in ihren »Garagen« darauf, weiterzuhelfen, wie auch in der Werkstatt in Meknes. Überall kennt man sich mit Pannen bestens aus, und Ersatzteile kommen selbst auf weitestem Weg blitzschnell an. Selbst in einer Notlage mit unserer Chianga fanden wir Hilfe, nachdem uns die Ohrentropfen ausgingen. Was tun? Eine im Internet herausgefischte Tierärztin ließ sich das von mir in ihrem PC beschriebene Anliegen per Google ins Arabische übersetzen und fand in ihrem Bestand Ohrentropfen mit dem passenden Wirkstoff … und wir sind sicher, dass sie, für den Fall, dass sie selbst nicht hätte weiterhelfen können, anderswo eine Lösung für Chianga gefunden hätte. Das Land und seine Menschen nehmen einen an der Hand … was gibt es Schöneres. Und so träumen wir – und unser jetzt noch winterschläfriges Kamel – der nächsten Reise entgegen.
Wichtiges für den Hund
Ein-/Ausreisebestimmungen für Hunde
Eine Besonderheit bei Reisen nach Marokko mit Hund, der durch eine deutliche Tätowierung bzw. Mikrochip gekennzeichnet sein muss, ergibt sich insoweit, als für die Wiedereinreise in die EU besondere Bestimmungen gelten. Die Einhaltung dieser Vorschriften sollte zum Schutz des Hundes ganz gewissenhaft erfolgen, auch wenn eine Kontrolle an den Grenzen oft nicht stattfindet. Es ist ratsam, vor Reiseantritt früh genug das Nötige zu erledigen, damit Stress und Zeitnot erst gar nicht eintreten.
Heimtierausweis (HTA)
Der HTA muss im Original mitgeführt werden. Gut ist es, eine Kopie an einem sicheren Ort im Wohnmobil aufzubewahren und ggf. eine weitere mitzuführen, falls am Zoll jemand einen Nachweis behalten möchte.
Impfungen
Wir gehen davon aus, dass nur mit durchgeimpften Hunden Reisen unternommen werden. An erster Stelle steht die Tollwut-Impfung. In manchen Ländern ist sie jährlich in einem vom Reiseland festgelegten zeitlichen Vorlauf zur Reise und zur Titerbestimmung vorgeschrieben. Wir lassen im vom heimischen Tierarzt geratenen Abstand impfen unabhängig vom Reisebeginn. Probleme haben sich daraus bei unseren Marokko-Reisen nie ergeben. Mehr zum Thema Impfungen ab Seite 26.
Tollwut-Titer-Nachweis
Normal durchgeimpft muss der Hund bei der Einreise sein. Für die Wiedereinreise in die EU (also von Marokko zurück nach Spanien) ist ein Tollwut-Titer-Nachweis zwingend erforderlich. Man muss ihn selten vorlegen, er ist aber dennoch Pflicht. Dazu muss man zeitig genug vor Reisebeginn beim heimischen Tierarzt eine Blutprobe nehmen lassen. Diese wird an eines der wenigen zertifizierten Labore geschickt, welches die Antikörper feststellt und den Titer bestimmt. In der Regel ist er hoch genug. Möglich ist aber auch, wie es bei uns der Fall war, dass er trotz regelmäßiger Impfungen zu niedrig ist und der Hund dann nachgeimpft werden muss. Die ganze Prozedur muss also nochmal von vorne durchgeführt werden. Darüber vergehen schnell ein paar Wochen, d.h., man muss sich rechtzeitig vor Reiseantritt darum kümmern. Der Titer bleibt, sofern regelmäßig nachgeimpft wird, ein Leben lang gültig. Es muss nichts wiederholt werden. Man bekommt eine Bescheinigung, die man unbedingt mitführen muss. Wie oben schon zum HTA gesagt, sollte man ein oder zwei Kopien davon auf Reisen mitführen.
Gesundheitszeugnis
Wir lassen zu aller Sicherheit immer die entsprechende Seite im HTA über die unbedenkliche Reisetauglichkeit vom Tierarzt mit abstempeln und führen zusätzlich eine Bescheinigung in französischer (alternativ in englischer) Sprache mit.
Prophylaxe
Über eine Prophylaxe gegen die sogenannten Mittelmeer-Krankheiten, wie Leishmaniose, Ehrlichiose, Babesiose etc., lässt man sich am besten vom Tierarzt beraten. In der Regel ist insoweit nichts vorgeschrieben, aber Vorsorge ist unbedingt ratsam. Unsere Hunde tragen auf Reisen immer ein Parasiten-Halsband. Glücklicherweise haben wir noch nie etwas Unliebsames mit zurückgebracht.
Hundefutter
In manchen Ländern gibt es Besonderheiten für die Einfuhr. Für Marokko kennen wir keine. Wir führen das komplette Futter für die Hunde mit ein. Irgendeine Nachfrage danach hatten wir nie.
Reiseapotheke
• Medikamente, die regelmäßig genommen werden müssen
• Halsband gegen sogenannte Mittelmeer-Krankheiten
• Desinfektionsmittel
• Ohrreiniger
• Durchfallpräparat
• Wundsalbe
• Pflaster
• Mullkompressen
• Zeckenzange
• Pfotenschuhe
• Ergänzungen nach Beratung beim Tierarzt 🐾
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