Bei dem Thema »Hunde im Bett« scheiden sich die Geister. Es gibt die, die meinen, dass Sodom und Gomorra ausbricht, wenn der Hund auch nur darüber nachdenken darf, eine Pfote auf das Schlafgemach seiner Dosenöffner zu setzen. Die Gegenfraktion meint, dass Hunde untereinander ja auch aneinandergekuschelt schliefen und die Rangordnung dadurch keinesfalls flöten gehen würde. Oder sie finden es einfach herzlos. Beide Fraktionen haben gute Argumente. Es spricht vieles dagegen, Hunde ins Bett zu lassen, aber auch viel dafür …
In unserem VW T3 Bulli, in dem wir seit Jahren mit Malinois Rüde Elvis und mit X-Herder Lady Arruh unterwegs sind, haben wir vor allem ein Platzproblem. Wir haben zwar grundsätzlich vier Schlafplätze, davon ist jedoch ein Doppelschlafplatz im Faltdach. Der kommt also zum Kuscheln mit den Hunden schon mal nicht infrage. Abgesehen davon war das immer der Schlafplatz unseres Sohnes, der aber seit ein paar Jahren nicht mehr mit uns reist. Ja, wir waren mit drei Personen und zwei großen Hunden jahrelang im Bulli unterwegs. Zurück zum eigentlichen Problem: Der untere Schlafplatz ist schon für zwei Erwachsene ziemlich eng. Denn wir haben nicht die volle Breite des Campers zur Verfügung. Auf der linken Seite ist ein schmaler Schrank eingebaut. Irgendwo müssen wir ja unsere Klamotten verstauen. Das Bett ist also ziemlich schmal für zwei Personen. In diesem Bett schlafen mein Mann Lars und ich. Früher ging das problemlos. Heute müssen wir uns immer erst ein bis zwei Nächte an die Enge im Bulli gewöhnen, bis wir wie zu Hause schlafen. Man wird halt nicht jünger. Wenn wir jetzt noch die Hunde ins Bett lassen würden, dann wäre eine prall gefüllte Sardinendose ein Tanzsaal im Vergleich zu unserer Schlafsituation. Damit ist die Frage, ob unsere Hunde ins Bett dürfen, aber noch nicht vollständig beantwortet. Es ist nur ein Teil der Antwort.
Wie verhalten sich Alphatiere?
Unsere Hunde dürfen nachts nicht ins Bett. Auch zu Hause nicht. Im Bulli hat das rein praktische Gründe und im Grunde ist es zu Hause inzwischen nichts anderes. Die zwei machen sich einfach zu breit. Wir gehören allerdings nicht zu der »Wenn Hunde im Bett schlafen, ist Sodom und Gomorra« Fraktion. Tatsächlich waren wir früher auch dieser Meinung. Wir hatten auch die Philosophie, dass Hunde immer klar wissen müssen, wer Chef im Ring ist. Dass man dazu nicht ständig seine Chefposition nach außen tragen muss, kam uns überhaupt nicht in den Sinn. Wir dachten, dass wir uns wie Alphatiere verhalten müssten. Blöd nur, dass wir nicht wirklich wussten, wie sich Alphatiere benehmen. Wir hatten das Bild, dass die sich ähnlich wie Anführer berüchtigter Straßengangs verhalten würden. Wenn einer aus der Reihe tanzt, gibts zumindest mal ordentlich Dresche. Im Zweifel werden die Aus-der-Reihe-Tanzer einfach umgebracht. Okay, uns war schon klar, dass wir bei unseren Hunden nicht so weit gehen würden, aber das eine oder andere Mal hat es schon ein ordentliches Donnerwetter für Nichtigkeiten gegeben.
Wo schläft der Hund nun?
Jetzt sind wir Gott sei Dank lernfähig. Und seit Elvis und Arruh bei uns sind, haben wir immer mehr dazu gelernt. Obwohl die beiden Rassen angehören, die klare Führung brauchen. Natürlich brauchen alle Hunde gute und klare Führung. Aber bei den Arbeitshunderassen kippt es halt wesentlich schneller als bei, sagen wir mal bei einem Mops. Wir haben mit und durch die beiden Hunde gelernt, dass gute und klare Führung von Hunden eben nichts mit diesem leicht veralteten Bild des Alphatieres bzw. mittelalterlicher Unterwerfung zu tun hat. Das bedeutet nicht, dass wir unsere Hunde ins Delirium schmusen. Es bedeutet lediglich, dass Alphatiere ja auch nicht 24/7 Zähne fletschend um ihr Rudel herum tigern und jeden gleich zum Duell fordern, der sich mal daneben benimmt. Führung von Hunden hat weniger mit körperlicher Überlegenheit als vielmehr mit Konsequenz und Disziplin zu tun. Wo ein Hund schläft, ist damit im Grunde irrelevant. Aber wer bestimmt, wo der Hund schläft, ist es nicht. Und so wird ein Schuh draus: So lange Herrchen und Frauchen bestimmen, wo der Hund schläft, ist alles paletti. Es ist also nicht das »Wo?«, sondern das »Wer?«.
Lasst uns wieder mal kuscheln
Genauso handhaben wir es mit unseren Hunden. Wenn wir der Meinung sind, sie dürfen ins Bett, dann dürfen sie ins Bett bzw. im Bett bleiben. Denn es kommt natürlich schon mal vor, dass die Hunde ins Bett springen, wenn sie der Meinung sind, dass sie gerade eindeutig dazu aufgefordert wurden. Auch wenn wir uns einfach nur im morgendlichen Aufwachprozess kurz umgedreht haben. Übrigens ein ganz normales Verhalten, welches zunächst nichts mit Ungehorsam zu tun hat. Hunde sind wahnsinnig gute Beobachter. Diese Eigenschaft ist Teil ihres Sozialverhaltens. Das Rudel und die eigene Position im Rudel sind nicht nur wichtig für das Überleben, sie sind auch wichtig für das Wohlbefinden. Fühlt sich ein Tier im Rudel wohl, hat es weniger Stress. Es wird weniger krank und hat am Ende wieder bessere Überlebenschancen. Damit ist Wohlbefinden, zumindest aber die Abwesenheit von Stress, ein wesentlicher Gesundheitsfaktor. Aus unserer menschlichen Welt wissen wir das inzwischen sehr gut: Stress macht krank. Das ist bei Tieren und damit auch bei unseren Hunden nicht anders. Zu wenig Stress ist auch nicht gut. Der Mittelweg ist in der Regel am besten. Nun müssen wir unseren Hunden nicht gezielt Stress suchen. Das ganz normale Leben und dann auch noch als Camperhund ist in der Regel Anregung genug. Wir müssen unsere Hunde auch nicht zwingend im Bett schlafen lassen, um ihnen kein Gefühl der Ausgestoßenheit zu vermitteln. Aber der Bindung ist es durchaus dienlich, wenn wir immer mal wieder mit unseren Hunden kuscheln. Alle sozialen Wesen stärken ihre Bindungen durch Körperkontakt. Streicheln reicht natürlich aus. Aber machen wir uns nix vor: Kuscheln ist schon ganz schön schön.
Bei uns hat es sich inzwischen eingebürgert, dass die Hunde morgens zum Kuscheln ins Bett dürfen. Außerdem dürfen sie nachmittags mit mir den Mittagsschlaf im Bett halten. Da mein Mann kein Mittagsschläfer ist, genießen die Hunde und ich unser gemeinsames Schläfchen. Dafür ist das Bett in der Nacht tabu. Das gilt zu Hause wie im Camper. Übrigens: Wer meint, dass überall die gleichen Regeln herrschen müssten, irrt. Denn Hunde können die verschiedenen Umgebungen sehr gut unterscheiden. Ähnlich wie kleine Kinder wissen, dass es bei Oma immer noch einen Riegel Schokolade mehr gibt, wissen Hunde, wo sie was dürfen und wo sie etwas nicht dürfen. Ein Hund, der zu Hause ganz selbstverständlich im Bett pennt, muss das im Camper noch lange nicht tun und umgekehrt. Was allerdings nicht geht, ist, dass der Hund einmal die Rudelführung hat und einmal nicht. Denn das verursacht dem Hund wieder Stress. Ein Hund fühlt sich als normales Rudelmitglied immer und überall am wohlsten. Selbst so ein bekloppter Hund wie unsere Arruh.
Klare Führung und Grenzen
Arruh ist, wie in der letzten Ausgabe zu lesen war, ein Hund aus der Malinois Nothilfe. Sie kam 2-jährig völlig verhaltensgestört zu uns. Nach Menschen wurde vorsichtshalber immer erst mal geschnappt und an der Leine ist sie komplett ausgerastet, wenn sie andere Hunde getroffen hat. Erstaunlicherweise war sie in unseren Malinois Elvis sofort schockverliebt. Die beiden waren von Anfang an ein Herz und eine Seele. Und auch an uns hat sie sich, nachdem sie erst mal nach mir, wenn auch etwas halbherzig, geschnappt hat, gleich angeschlossen. Mit Härte und Alphatiergehabe kommt man bei diesem Hund nicht weit. Das war uns sehr schnell klar. Was bei ihr am Ende geholfen hat, war ruhige, klare Führung und Grenzen, die sich nie ändern. So ist es beispielsweise immer verboten, andere Hunde anzukläffen, wenn wir an ihnen vorbeigehen oder wenn sie an uns vorbei kommen. Das klappt mal mehr und mal weniger gut, aber es ist immer verboten und wir geben auch nach fünf Jahren nicht auf. Niemals. Diese Regel ist immer gleich. Auch wenn wir nicht so gut drauf sind, lassen wir das nicht durchgehen. Und unsere Beharrlichkeit gibt uns recht. Jetzt kommt aber die Preisfrage: Warum darf der Hund mal ins Bett und mal nicht. Das konterkariert die Aussage nach Kontinuität doch völlig. Eben nicht: Die Kontinuität ist, dass die Hunde nur auf Aufforderung ins Bett dürfen. Und sie müssen es auf Aufforderung auch wieder verlassen. Sie dürfen nicht selbst entscheiden. Zumindest bei unseren Hunden ist das wichtig.
Natürlich gibt es Hunde, die auch nicht gleich die Weltherrschaft anstreben, wenn sie selbst entscheiden dürfen, ob sie ins Bett wollen. Aber genau das gilt es zu beobachten. Der Test ist immer: Lässt sich der Hund wegschicken. Wenn nicht, dann gilt es, die Rudelposition des Hundes zu korrigieren.
Fazit: Ob ein Hund im Bett schläft oder nicht, ist Geschmacksache. Nicht mehr und nicht weniger. Problematisch wird es erst, wenn der Hund entscheidet, wann er das Bett verlassen muss. Spätestens, wenn die Menschen auf dem Boden schlafen, läuft irgendwas schief. 🐾
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