Gerade wenn man unterwegs ist, bietet sich diese Nasenarbeit zur Beschäftigung des Hundes an, denn sie fordert den Hund auch mental, kann immer und überall betrieben werden und eröffnet die Möglichkeit bei zeitlichen Engpässen den Vierbeiner schnell auszulasten.
Camper genießen aufgrund der mitgeführten Unterbringung ein gehöriges Maß an Unabhängigkeit und daraus resultierende Freiräume für Spontanität. Tage großer Fahrt können sich nach Belieben mit mehr oder weniger langen Zeiten am gleichen Ort abwechseln. Im Fokus für uns Hundehalter steht bei der mobilen WG natürlich auch das Wohl unserer tierischen Mitbewohner. Im gewohnten Ambiente können sie sich auch unterwegs stets zu Hause fühlen. Mitgeführte Kost und Logis bieten ein Stück Heimat und schaffen, wo immer man auch ist, die Rahmenbedingungen für einen vertrauten Rückzugsort, Ausgangspunkt für viele gemeinsame Abenteuer in fremden Gefilden.
Und doch sorgen wir Hundeleute uns immer etwas um unsere Vierbeiner. Gerade die Tage mit langen Fahrtstrecken, sei es zum Urlaubsbeginn oder während einer Etappe zu neuen Ufern, lassen uns schon einmal zweifeln, ob wir den Bedürfnissen unserer Fellnase mit den schnellen Gassi-Pausen wirklich gerecht werden. Ideal, wenn man mit dem Hund eine Beschäftigungsart aufgebaut hat, die auch einmal mit ganz kurzen Sequenzen den Vierbeiner mental auslasten kann.
Flexibilität in Perfektion
Die Flächensuche ist ein absoluter Tausendsassa unter den Beschäftigungsmöglichkeiten und lässt sich auf die aktuellen Bedingungen für Hund und Mensch jederzeit und immer wieder aufs Neue anpassen.
• Das Zeitmanagement lässt sich extrem variieren; von kürzesten Einheiten bis zur aufwendigen Endlossuche.
• Die körperliche Belastbarkeit lässt sich durch die Geländenutzung beeinflussen, sodass dem sportlichen Team genauso Rechnung getragen werden kann wie einem Hund oder seinem Menschen beispielsweise mit Handicap.
• Der Schwierigkeitsgrad lässt sich individuell und nach Tagesform durch bewusst gewählte Suchstrategien anpassen.
• Mit und ohne Hilfsperson lassen sich gleichermaßen reizvolle Einheiten gestalten.
Fürs reale Leben gemacht
Das Leben ist nicht immer planbar. Gut, wenn man darauf kurzerhand reagieren kann.
• Durch Staus zieht sich die Anfahrtsstrecke zum ersten Campingplatz viel zu lange hin. Selbst genervt fragt man sich, wie man den Hund, der schon Stunden ruhig im Fahrzeug liegen musste und mehr als nur ausgeruht Action erwartet, später auch noch bespaßen soll. Kein Problem: Zwei bis drei Mal einen Gegenstand beim Gassigang unbemerkt vom Vierbeiner seitlich ins Gelände geworfen oder über einen Ast gehängt, kann man auf dem Rückweg den Hund rechts und links des Weges in eingespielter Weise suchen lassen. Das fordert ihn wesentlich mehr als der Spaziergang selbst.
• Der Vierbeiner ist gerade gesundheitlich angeschlagen und soll sich nur kontrolliert bewegen. Kein Problem: Sucharbeit kann man auch in ruhigem Tempo am Wegesrand oder gar im Garten, wenn es sein muss sogar an der Leine durchführen.
• Der Mensch im Team ist nicht ganz auf der Höhe, will aber seinem aktiven Vierbeiner etwas bieten. Kein Problem: Der Mensch dirigiert seinen Hund vom gut begehbaren Weg aus bei der Suche im dicht bewachsenen Gelände rechts und links des Weges. So kann sich der Zweibeiner schonen, während er seinen tierischen Kollegen, der sich durchs Gelände kämpfen muss, bei der Arbeit aus der Entfernung lenkt und ihn zwischendurch immer wieder zu sich heranruft, um ihn zum einen nicht gänzlich aus den Augen zu verlieren und zum anderen den Teamcharakter der Suche zu unterstreichen.
• Hund und Halter sind beide topfit, sportlich und willens, sich geistig und körperlich zu fordern. Kein Problem: Beide schlagen sich durch schwieriges Gelände, wobei der Mensch seine eigenen Fähigkeiten nutzt, die Suchstrategie für den Vierbeiner vorgibt, Windrichtung und Thermik optimal ausnutzt und Hindernisse systematisch absuchen lässt, um möglichst schnell in gemeinsamer Arbeit ans Ziel zu gelangen.
Das breite Spektrum
Ein ganz großer Vorteil der Flächensuche ist die Tatsache, dass man sie alleine mit seinem Vierbeiner, aber auch mit Gleichgesinnten betreiben kann. Es ist nicht dringend nötig, Helfer zur Verfügung zu haben. Man kann sich, sofern der Trainingsaufbau diesbezüglich ausgerichtet wurde, prinzipiell oder auch nur zeitweise, wenn keine Hilfsperson zur Verfügung steht, auf die Gegenstandssuche beschränken. So kann man jederzeit mit seinem Hund trainieren, ohne eine Person um Unterstützung bitten zu müssen. Es liegt aber auch ein großer Reiz darin, sich mit anderen Teams zu verabreden und sich gegenseitig als Versteckperson zur Verfügung zu stellen. Dann sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Man nutzt knifflige Verstecke, die dem arbeitenden Mensch-Hund-Gespann einiges bei der Suche abverlangen. Es bleibt den Teams überlassen, daraus auch mal einen Wettbewerb zu gestalten und um die Wette zu suchen.
Geht nicht, gibts nicht
Jedes erdenkliche Gelände lässt sich zur Suche nutzen: Outdoor wie im Wald, auf einer Wiese, am Wegesrand, im Gestrüpp, flach oder gebirgig oder in einem Steinbruch. Es geht aber auch indoor, im Wohnzimmer, in einer Scheune, über mehrere Stockwerke oder im Keller. Alles hat seinen ganz eigenen Reiz.
Bei jeder Witterung
Wetterfeste Teams nutzen Regen, Schnee, Wind oder Extremtemperaturen, um weitere Schwierigkeiten zu meistern. Auch hier gilt: Alles schafft neue Herausforderungen, die man ganz nach Belieben annehmen kann, aber eben nicht muss. Da der Hund mit der Nase arbeitet, braucht es nicht einmal Tageslicht. Nachtsuchen sind nur für uns Menschen schwieriger, denn unsere Möglichkeiten sind begrenzt. Dies setzt aber eine sehr gut eingespielte Zusammenarbeit voraus oder der Hund sollte an der langen Leine geführt werden, um etwaige Konflikte zu vermeiden. Denn mancher Vierbeiner reagiert im Dunkeln auf Ungewohntes etwas angespannt. Man sollte den frei laufenden Hund beim unvermittelt auftauchenden Jogger mit Stirnlampe schon sicher abrufen können.
Grundprinzip Flächensuche
Suchen ist für jeden Hund, ausgenommen die bemitleidenswerten Geschöpfe, denen der Mensch egoistisch die Nase mehr oder weniger weggezüchtet hat, die ideale Beschäftigung schlechthin. Es liegt dem Nasentier Hund in den Genen und trifft als artgerechte Aktivität bei seinen Interessen ins Schwarze. Bei der Flächensuche wird der Hund von seinem Menschen dazu angeleitet, in einem vorgegebenen Areal nach einer versteckten Person oder einem von einem Menschen berührten Gegenstand zu suchen. Zwar arbeitet der Vierbeiner bei der Flächensuche eigenständig, zur Sicherstellung lückenloser Geländeabdeckung wird er jedoch von seinem Menschen systematisch angeleitet. Dabei fahndet der Hund nach menschlichen Partikeln, seien sie von einem Menschen selbst oder von einem Gegenstand, der vorher mit einer Person Kontakt hatte und auf diese Weise mit menschlichen Partikeln kontaminiert wurde.
Steht kein Helfer als Versteckperson zur Verfügung, kann der Hund also ganz unproblematisch (vorausgesetzt der Trainingsaufbau wurde diesbezüglich in der richtigen Reihenfolge durchgeführt) zur Suche nach einem von einem Menschen berührten Gegenstand geschickt werden. Der Hundeführer wiederum teilt das Suchgebiet möglichst optimal ein, begleitet seinen tierischen Partner bei der Suche und schickt ihn aus der Entfernung gezielt in verschiedene Richtungen, um sicherzustellen, dass das Suchgebiet selbst bei ungünstigen Strömungsverhältnissen vollständig abgesucht wird.
Gemeinsam stark
Durch sorgfältig durchdachten Trainingsaufbau wir dem Hund vermittelt, dass er wesentlich schneller zum Erfolg gelangt, wenn er nicht einfach durchs Gelände tobt, sondern sich nach den Richtungsvorgaben seines Menschen bewegt. So wird der Vierbeiner zu Beginn von seinem Menschen ganz gezielt direkt an die festgelegten Verstecke geschickt, sodass sich der Erfolg blitzschnell einstellt. Hierdurch wird Schritt für Schritt eine funktionierende Zusammenarbeit aufgebaut, die Mensch und Hund zusammenschweißt. Nichts schafft eine tiefere Verbindung als aufeinander abgestimmtes Agieren und gemeinsam errungene Erfolge. Aufgrund solcher Erfahrungen zu Beginn des Trainingsaufbaus lässt sich der Hund dann generell gern von seinem Teampartner anleiten, selbst wenn dieser später den Unterschlupf der Versteckperson oder des Gegenstandes überhaupt nicht mehr kennt und nur noch den nach Geländebeschaffenheit, Thermik und Witterung optimierten systematischen Rahmen der Suche vorgibt.
Frei, doch kontrolliert
Hat der Vierbeiner auf diese Weise die Zusammenarbeit schätzen gelernt, wird er sich beim Suchen prinzipiell nach seinem Menschen richten und bleibt somit kontrollierbar. Dies ist besonders wichtig, um den Hund unangeleint frei agieren lassen zu können. Viel zu groß wäre das Risiko, dass die Fellnase eigenmächtig ihrer Wege zieht, jagt, Passanten belästigt oder zu einem Artgenossen ausbüxt. Dass der Vierbeiner bei der Ausbildung gelernt hat, mit seinem Menschen zusammenzuarbeiten, sich immer wieder an ihm zu orientieren und auf dessen Hinweise zu achten, trägt erfreulicherweise dann zunehmend auch im Alltag Früchte.
Informationsaustausch
Damit der Hund seinem Menschen einen Fund mitteilen kann, lässt sich sehr leicht die Anzeigeform des Rückverweises aufbauen. Hier lernt der Hund, wenn er jemanden oder etwas gefunden hat, dies seinem Menschen anzuzeigen, indem er zu diesem eigenständig zurückkehrt und durch ein antrainiertes Verhalten, wie beispielsweise das Vorsitzen, den Fund kommuniziert, um dann anschließend den Menschen zum Fundort zu führen. Der manchmal angewandte Bringselrückverweis, bei dem der Hund ebenfalls zum Halter zurückkehrt, dabei jedoch eine kleine mitgeführte Beißwurst als Zeichen des Fundes ins Maul nimmt, wäre genauso praktikabel, jedoch wesentlich komplizierter im Aufbau. Ein Verbellen, wie man es aus der Rettungshundearbeit kennt, würde im Alltag von Passanten eher als störend empfunden und möglicherweise manchen Konflikt heraufbeschwören. Hat der Hund gelernt, aktiv zu seinem Menschen zurückzukehren, um ihn über seinen Erfolg zu unterrichten und an den Fundort zu führen, festigt das zusätzlich den partnerschaftlichen Charakter dieser Freizeitbeschäftigung.
Fazit
Obwohl das Spektrum dieser Beschäftigungsart außergewöhnlich breit angelegt ist, lässt sich die Flächensuche mit dem Hund schnell und unkompliziert aufbauen. In Windeseile zeigen sich bei gut durchdachtem Trainingsaufbau die ersten Erfolge und spornen zu größeren Distanzen, schwierigeren Verstecken, anspruchsvolleren Geländegegebenheiten und extremen Witterungsbedingungen an. Trotzdem lässt sie sich jederzeit auch als kurzen Motivationskick für unsere tierischen Gefährten nutzen. Diese qualitativ hochwertige Beschäftigungsart kann einiges an fehlender zeitlicher Quantität kompensieren, wenn uns das Leben gerade mal wenig Spielraum zur Verfügung stellt. 🐾
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Die Autorin
Martina Stricker, Rettungshundeführerin, Ausbilderin und Autorin, beschäftigt sich seit 25 Jahren mit dem Wesen und den Fähigkeiten des Hundes, seiner engen Bindung an uns Menschen und den daraus resultierenden Möglichkeiten. Gerade ihre Hunde aus dem Tierschutz, die mit diversen Altlasten bei ihr einzogen, wurden zu ihren Lehrmeistern. Durch genauste Beobachtung und mit viel Feingefühl für die individuellen Charaktere entwickelte sie maßgeschneiderte Konzepte zur Lösung unterschiedlichster Probleme. Ihre Bücher spiegeln die selbst gemachten Erfahrungen und bieten praxistaugliche Anleitungen. Vergleiche aus dem Alltag, die das gelieferte Hintergrundwissen perfekt veranschaulichen, sind zu ihrem Markenzeichen geworden.

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