Mit Wuffis & Camper abseits der Touristenpfade
In den letzten beiden Jahren haben wir festgestellt, dass es angesichts der immer größer werdenden Anzahl an Campern zusehends schwieriger wird, geeignete Stellmöglichkeiten zu finden. Die Spontanität, die für uns ein wesentlicher Faktor bei dieser Art des Reisens ist, geht nahezu verloren, weil man schöne Plätze oft lange vorab reservieren muss. Dies gilt keineswegs nur in den Ferienmonaten! Für unsere Herbstreise haben wir uns daher auf die Suche nach Destinationen gemacht, die bisher bei Womo-Fahrern weniger bekannt sind und deshalb nicht zu den beliebtesten Reisezielen gehören.
Bei Campern noch nicht so bekannt und beliebt – das stimmt bei Bosnien-Herzegowina voll und ganz, wenn man die Tagesausflügler von Kroatien nach Mostar nicht mit einrechnet. Die Küste von Montenegro hingegen kann man nicht mehr zu den Geheimtipps zählen, aber die Berge und das Hinterland – jenseits der Touristenrouten – sind unbedingt eine Reise wert.
Wie vor jeder Tour wird das Womo sorgfältig gepackt. Geschäftig laufen mein Mann und ich zwischen Haus und Fahrzeug hin und her, um die benötigten Dinge für die nächsten zwei Monate zu verstauen. Ungeduldig werden wir dabei von unseren drei Hunden genau beobachtet, die kaum erwarten können, dass das Zeichen zum Einsteigen kommt. Pedro (13), ein Aus-tralian Shepherd, Romito (13+), ein kleiner italienischer Straßenhund (7 kg) und Flash (8), ein Irish Red and White Setter, sind sehr routinierte Reisehunde und natürlich immer dabei.
Am 1. September starten wir von Österreich und beziehen unser erstes Quartier auf einem malerisch gelegenen Campingplatz in Rastoke. Das ist in der Nähe von Karlovac in Kroatien. In diesem Naturpark mit unzähligen Wasserläufen und Wanderwegen könnte man einen ganzen Urlaub verbringen. Wegen der Kaskaden und kleineren Wasserfälle wird es hier auch »kleines Plitvice« genannt. Aber wir haben ja schließlich andere Pläne. Eine Woche lang geht es jetzt auf der Magistrale (der Küstenstraße) durch Kroatien. Wunderschön liegen die vorgelagerten Inseln im tiefblauen Meer. Diese Strecke ist bestimmt eine unserer Lieblingsrouten. Kurz nach Omiš im kleinen Ort Pisak verlassen wir die Küste und folgen dem Wegweiser Canyon der Cetina. Durch die wunderschöne Berglandschaft gelangen wir nach Imotski und es bietet sich noch eine Wanderung an, um den blauen und roten See zu besichtigen. Unser Nachtquartier beziehen wir gleich auf dem riesigen Parkplatz am Ausgangspunkt des Rundganges, bevor es morgen über die Grenze geht.
Auf nach Bosnien Herzegowina
Im Internet haben wir vergeblich nach geeigneten Routen für unseren Trip gesucht und deshalb beschlossen, einfach mit der Karte in der Hand möglichst den grün unterlegten (landschaftlich sehenswerten) Straßen zu folgen. Wir wollen ja spontan sein. Morgens ist es sehr warm und strahlender Sonnenschein begleitet uns auf unserem Weg zu einem kleinen Grenzübergang. Ein einzelner Zollbeamter steht vor einem Häuschen und spricht uns nach dem Blick auf unser Kennzeichen in perfektem Deutsch an. Er erklärt uns, dass seine Tochter ganz in der Nähe unseres Heimatortes arbeitet und er deshalb sehr oft in Österreich ist. Nach einer netten Plauderei wünscht er uns einen schönen Aufenthalt in seinem Land. Unsere Pässe und die Papiere der Hunde haben ihn nicht interessiert.
Nur wenige Kilometer nach der Grenze kommen wir zum Buško Jezero. Es ist der größte künstliche Stausee Europas und offensichtlich ist hier ein sehr gut situierter Teil der Bevölkerung zu Hause. Villen und große, gepflegte Anwesen lassen uns das vermuten. Eine schöne Aussichtsstraße führt uns an Livno vorbei zu einer Hochebene, die als Weidefläche genutzt wird. Hier ändert sich das Bild völlig: Direkt neben der Straße ist eine riesige Müllhalde, wo in armseligen Baracken Menschen leben und unzählige Straßenhunde nach Nahrung suchen. Wir sind noch ganz in unsere Gedanken vertieft und bringen diese schrecklichen Bilder nicht aus dem Kopf, als plötzlich auf einer Anhöhe eine Herde Wildpferde auftaucht. Ihre Vorfahren dienten in den 70er Jahren als Arbeitstiere. Die Tätigkeiten wurden nach und nach von Traktoren übernommen und die meisten Besitzer beschlossen, sie einfach freizulassen. Mittlerweile befinden sich ca. 800 dieser majestätischen Tiere in diesem Gebiet. Es ist die größte Anzahl der letzten Wildpferde Europas.
Ins Land der Moscheen
Über Bugojno führt unser Weg nun am Flusslauf der Vrbas entlang nach Jajce. In dieser mittelalterlichen Stadt war die Residenz des letzten bosnischen Königs. Wir richten uns oberhalb des Ortes auf einer Wiesenfläche ein. Ein schmaler Pfad führt hinunter zu dem zwanzig Meter hohen Wasserfall, wo die Pliva in die Vrbas Schlucht stürzt. Liebevoll angelegte Wege durchziehen die Stadt, von denen man das Naturschauspiel genießen kann. Unser Stellplatz bietet auch noch einen wunderschönen Blick auf die Festung. Es spricht also nichts dagegen, auf dieser Wiese zu bleiben. Mitten in der Nacht werden wir allerdings unsanft geweckt: Wir haben am Abend nicht bemerkt, dass wir in unmittelbarer Nähe einer Moschee stehen und der Muezzin zum Gebet ruft! Dieser Teil Bosniens wird seit dem Krieg von der muslimischen Bevölkerung dominiert.
Unser nächstes Ziel ist der Ramsko Jezero – wieder ein Stausee. Bereits bei der Anfahrt können wir den tiefblauen See unter uns bewundern. Auf einer Halbinsel liegt ein Kloster, an dem man sehr gut Wasser füllen kann. Da wir rund um den See sehr viele Stellmöglichkeiten sichten, beschließen wir, einige Tage zu bleiben. Auch ein paar Fischer haben sich für das Wochenende häuslich eingerichtet. Am Nachmittag kommt eine bosnische Familie vorbei und erntet Zwetschken für den landestypischen Schnaps – Rakija – im Garten hinter uns. Freundlich werden wir begrüßt und mit Früchten reichlich beschenkt. Schnell ist daraus Kuchen gemacht, der den bosnischen Kindern ausgezeichnet schmeckt und wir genießen eine gemütliche, gemeinsame Brotzeit nach der Ernte. Obwohl keiner die Sprache des anderen versteht, unterhalten wir uns köstlich per Zeichensprache. Unsere Hunde genießen die Tage ebenfalls mit langen Spaziergängen entlang des Sees.
Irgendwann geht es aber doch weiter, um in Jablanica auf die Neretva zu treffen. Hier ist der Tourismus zu Hause: Bootstouren mit überdachten Flößen und für mutigere werden Rafting Ausflüge angeboten. Überall entlang der Straße wird Lamm auf Spießen, die mit riesigen Holzrädern gedreht werden, langsam über dem offenen Feuer gegart und gebraten. Feinschmecker kommen von weit her, um diese Spezialität zu genießen. Wir biegen in den Naturpark Prirode Blidinje ab, der im Herzen der Dinarischen Alpen liegt und unerschöpfliche Möglichkeiten für Wanderungen und Bergtouren bietet.
Wunderschön ist die Fahrt über das Plateau des Parks bis zum Blidinje Jezero, dem größten Bergsee im Staat Bosnien-Herzegowina. Er liegt auf 1.185 m Höhe und ist malerisch zwischen hohen Bergen eingebettet. Ein kleines Camp direkt am See bietet sich als Stellmöglichkeit und Ausgangspunkt für Aktivitäten im Naturpark an. Die Bezahlung erfolgt auf Spendenbasis.
Nach einigen Tagen rollen wir langsam durch die beeindruckende Landschaft zurück nach Jablanica, um der Neretva bis Mostar zu folgen. Von zwei Aussichtsbergen hat man einen traumhaften Blick auf die Stadt. Auf einem wurden sogar ein Skywalk und eine Zip Line Anlage gebaut. Neben einem kleinen Café gibt es ebene Parkflächen, die man als Nachtquartier nutzen kann. So können wir auch Mostar bei Nacht genießen. Beim Spaziergang mit den Hunden treffen wir allerdings auch auf die Reste eines Stützpunktes, von dem aus die Kroaten im Krieg die Brücke Stari most – das Wahrzeichen Mostars – tagelang beschossen und gezielt zerstört haben.
Unser nächstes Ziel sind die Kravica Wasserfälle. Es gibt ausreichend Parkmöglichkeiten und auf schön angelegten Wegen kann man durch die bezaubernde Wasserlandschaft spazieren. Einige Stellen werden gerne von Badegästen zur Erfrischung genutzt. Hier ist wesentlich weniger Andrang als bei den Plitvicer Seen in Kroatien und uns hat es besser gefallen.
Herdenschutzhunde
Ein kurzes Stück geht es zurück Richtung Mostar, bevor wir die Neretva verlassen und zum sehenswerten Ort Blagaj abbiegen. Dieses Dorf mit seiner imposanten Festung auf einem Berg sollte man unbedingt besichtigen. Anschließend geht es durch ebene Weidelandschaft über Nevesinje nach Gacko. Überall wird Thymian geerntet und in riesigen Säcken abtransportiert, um an Fabriken zur Weiterverarbeitung verkauft zu werden. Draußen duftet es nach einer Mischung von Schaf und Thymian. In diesem Bereich versuchen wir einige Male mit unseren Hunden ausgiebig spazieren zu gehen. Die Versuche scheitern aber stets, weil Schaf- oder Ziegenherden vorbeikommen, die von riesigen Schutzhunden (Tornjak) begleitet werden. Irgendwie erinnern diese an Bären und wir wollen ihnen keinesfalls zu nahe kommen. Also weiter!
Bei den Bären und Wölfen
In Gacko nehmen wir die Straße Richtung Foca, um unserem nächsten Ziel – Montenegro – näher zu kommen. Es ist bereits Abend und es wird Zeit, einen Schlafplatz zu suchen. Wir verlassen die Hauptstraße beim Stausee Klinje und stehen plötzlich vor einem ehemaligen Hotel direkt am See. Vor diesem »Lost Place« gibt es einen großen Parkplatz und von der Aussichtsterrasse einen tollen Blick auf den See unterhalb. Mehr brauchen wir nicht. Amüsant ist ein kleiner, schwarzer Dackel-Spitz Mischling, der mit seiner Ziegenherde vorbeizieht und große Mühe hat, alle Tiere beisammen zu halten und Richtung See zu treiben. Irgendwann – unter ständigem Gekläffe – gelingt es ihm und es kehrt wieder Ruhe ein. Den nächsten Tag verbringen wir hier mit ausgiebigen Spaziergängen am Rande des ältesten Naturparks Bosniens – Nacionalni Park Sutjeska. Ein Hirte, der mit seinem Schäferhund vorbeikommt, kann perfekt Englisch und wir erfahren, dass es hier besonders viele Bären und Wölfe gibt. Nahezu jeden Tag werden Tiere seiner Herde gerissen. Der Vollmond geht auf und tatsächlich hören wir in der Nacht immer wieder schauriges Heulen von den bewaldeten Berghängen rund um uns. Also nur kurzes Gassi an der Leine.
Bevor wir Bosnien verlassen, statten wir noch den sehenswerten Sandpyramiden in der Nähe von Foca einen Besuch ab, die allerdings nur auf einer schrecklichen Schotterstraße zu erreichen sind. Es lohnt sich aber!
Montenegro wartet
Anschließend überqueren wir die Brücke nach Brod, um auf der anderen Seite der Drina Richtung Montenegro zu fahren. Die 20 Kilometer bis zur Grenze bei Hum geht es – teilweise auf abenteuerlicher Straße – an vielen neu errichteten Camps vorbei. Es werden diverse Sportarten und Touren am Fluss angeboten. Dann stehen wir vor einer schmalen Holzbrücke, die nicht gerade sehr vertrauenserweckend aussieht. Die Zollbeamten sehen unseren ratlosen Blick, winken uns lachend weiter und schon rumpeln wir nach Montenegro. Jetzt ist eine Pause angesagt! Ein kleines Lokal gleich nach der Grenze bietet sich dazu an. Wir parken auf einer Wiese dahinter und nehmen auf der schönen Aussichtsterrasse oberhalb des Flusses Tara Platz. Hier gibt es Peka mit Lamm. Das Fleisch wird zusammen mit Kartoffeln und Kräutern unter einer Glocke in der Glut vergraben und einige Stunden gegart. Damit auch die Hunde zu ihrem Recht kommen, bietet sich nach dem Essen ein Spaziergang zu der Stelle an, wo Tara und Piva zusammen fließen und den Fluss Drina bilden. Den Tag lassen wir dann bei einem Glas Wein auf der Terrasse des Lokals ausklingen und nehmen das Angebot des Wirtes an, seine Wiese als Stellplatz für die Nacht zu benutzen. Unser weiterer Weg führt uns auf traumhafter Panoramastraße durch den Canyon der Piva bis zum Pivsko Jezero, dem größten Stausee des Landes. Unzählige Fotos entstehen auf der wunderschönen Fahrt – teilweise durch enge Felstunnel – bis Plužine.
Im Durmitor
Als nächstes steht die Fahrt auf der Panoramaroute 2 in die gewaltigen Berge des Nationalparks Durmitor am Programm. Diese gut beschilderte Route bildet den sogenannten Durmitorring, der aus nördlicher und südlicher Strecke besteht und insgesamt 72 Kilometer lang ist. Der südliche Teil ist sehr gut ausgebaut und wird von Touristen gerne besucht. Im Norden hingegen ist man nahezu alleine und einige Stellen erfordern vom Lenker des Womos höchste Konzentration, um sie ohne Schaden zu meistern. Gegenverkehr ist unerwünscht. Sofort geht es in steilen Kehren hinauf in die Berglandschaft. Im kleinen Weiler Trso teilt sich die Strecke und wir nehmen zunächst die nördliche Route in Angriff. Sehr froh sind wir, dass unser Camper nur 6 m lang ist und wir die engen Kehren 600 m hinunter zum Sušica Canyon heil überstehen. Nach ca. 6 Kilometer Fahrt sind wir bei der Talsohle angekommen und parken uns vor dem – jetzt völlig ausgetrockneten – See ein. Eine ausgiebige Spielrunde für die Hunde zwischen dem Schilf und den weichen Moos-Polstern am »Seegrund« beendet den Tag.
Am nächsten Morgen geht es auf der anderen Seite der Schlucht genauso steil wieder hinauf. Die erste Kehre meistern wir nur, nachdem wir zweimal »Anlauf« genommen haben. Wir tauchen aus dem Wald auf und die weitere Fahrt durch die wunderschöne Bergwelt entschädigt für die Kurverei am Beginn des Tages. Der absolute Höhepunkt dieser nördlichen Route ist aber der Aussichtspunkt auf die Tara Schlucht. Von einem Parkplatz bei Curevac aus beginnt die Wanderung zu diesem Belvedere oberhalb Europas größten und tiefsten Canyon. Angeblich ist weltweit nur der Grand Canyon tiefer. Wie auch immer: Die Kraxelei lohnt sich unbedingt, weil der Ausblick überwältigend ist.
Der schwarze See bei Žabljak
Ein Spaziergang rund um den Crno Jezero – einem malerischen Gletschersee – ist Pflicht, bevor es vom quirligen Ort Žabljak aus auf der weitaus touristischeren Südroute des Durmitorrings weitergeht. Die Hunde haben »Enten-TV« (siehe Bild rechts). Unzählige Camper und PKW sind unterwegs, um diese Fahrt in dem malerischen Panorama zu genießen. Gott sei Dank ist die Straße hier bestens ausgebaut und am Rand sind immer wieder Möglichkeiten zu halten. Der Name Montenegro bedeutet »schwarze Berge« und man kann sehr gut nachvollziehen, woher dieser Name stammt, wenn man sich hier umsieht. Am Sedlopass (1.900 m) steht sogar ein riesiger Bilderrahmen aus Holz und es ist sehr amüsant, die einfallsreichen Verrenkungen der Touris beim Fotografieren zu beobachten.
Hier im Nationalpark darf man offiziell übernachten. Irgendwann kommt der Ranger in seinem kleinen Fiat laut hupend vorbei und kassiert 3 Euro, die dafür verlangt werden. Auf der Weiterfahrt zurück nach Plužine ist die Landschaft sehr abwechslungsreich. Verschiedene Felsformationen wechseln mit ausgedehnten Wiesen – ein Paradies für unsere Hunde – bevor wir wieder am Ausgangspunkt der Panoramaroute 2 sind. Insgesamt gibt es in Montenegro 4 dieser Routen, die bestens ausgeschildert sind und auf 1.152 Kilometern Länge durch die schönsten Teile des Landes führen.
In den Osten
Unser Weg führt jetzt zunächst Richtung Süden, um kurz vor Nikšić in einem Bogen wieder nach Žabljak zurückzukehren. Wir wollen der Tara weiter folgen, der wir erstmals an der Grenze von Montenegro begegnet sind und deren beeindruckenden Canyon wir bereits bestaunt haben. Die wunderschöne Strecke führt immer am Fluss entlang. Das Wetter ist traumhaft und verleitet uns in Mojkovac zu einem Abstecher in den Osten des Landes, bevor es an die Küste geht. Hier östlich von Berane sind es nur wenige Kilometer bis nach Albanien und auf der anderen Seite bis in den Kosovo. Kreuz und quer kurven wir in dieser Gegend – auf durchwegs guten Straßen – durch kleine Dörfer, schmale Täler und sanfte Berge. Hierher verirren sich nur selten Touristen und dementsprechend erstaunt werden wir von den Menschen betrachtet. Kaum jemand, der nicht freundlich winkt, wenn wir vorbei fahren.
Unvergessliche Begegnungen
Besonders berührt hat es uns, als wir in einem kleinen Dorf von einem Mann angehalten wurden und eine große Kiste mit Äpfeln aus dem Garten geschenkt bekommen haben. Bezahlung wurde vehement abgelehnt. Einen besonders idyllischen Stellplatz finden wir eines Tages auf einer Waldlichtung mit tollem Ausblick. Doch nach kurzer Zeit vernehmen wir lautes Knattern, und ein alter Mann mit seinem Sohn hält mit einem Vehikel (irgendetwas zwischen Auto und Traktor) neben unserem Womo. Nach einem Blick auf unser Kennzeichen wird das Gefährt abgestellt und wir werden in perfektem Deutsch angesprochen. Der alte Mann erzählt uns, dass er vor mehreren Jahrzehnten als Gastarbeiter in Österreich war. Er wurde von den Menschen dort so freundlich aufgenommen, dass er uns deshalb einladen will, die Nacht auf seinem Hof zu verbringen. Dieses Angebot abzulehnen wäre eine Beleidigung gewesen und so holpern wir kurze Zeit später durch ein Tor in ein kleines Gehöft und finden uns auf der Weide neben dem Haus wieder. Angesichts unserer Hunde werden die Kuh und die beiden Schweine in den Stall gebracht und wir können es gerade noch abwenden, im Haus zu übernachten. Bevor wir am nächsten Morgen weiterziehen, werden wir noch mit Obst und Gemüse beschenkt und wir sind sehr froh, dass sich in unserer Garage noch eine Flasche Wein aus der Wachau findet, die gerne als Dank angenommen wird.
Verwunschene Berge
Unser nächstes Ziel ist der Nationalpark Prokletije. Die »verwunschenen Berge« bilden die Grenze zu Albanien und sind ein beliebtes Ziel für Wanderer und Bergsteiger. Auf enger, schlechter Straße geht es von Gusinje bis Vusanje. Ein Schild mit der Aufschrift »Dead end of the road« leitet uns zu einem traumhaften Stellplatz neben dem Fluss am Fuß der hohen Berge ringsum. Am nächsten Morgen wollen wir gerade zur Gassirunde aufbrechen, als ein Jeep neben uns stoppt. Zwei Bergführer steigen aus und begrüßen uns herzlich. Wenige Minuten später haben wir einen Becher in der Hand, der mit selbstgebranntem Rakija (Schnaps) gefüllt ist. Und das vor dem ersten Kaffee! Nach diesem »Frühstück« ist an eine Weiterfahrt nicht zu denken und – zur Freude unserer Hunde – verbringen wir den Tag mit langen Spaziergängen in der frischen Luft. Möglichkeiten gibt es hier wahrlich genügend. Am nächsten Morgen liegt dicker Reif auf der Wiese neben unserem Auto und es wird Zeit, die Berge zu verlassen. Sogar unsere Fellnasen wollen lieber im warmen Bett bleiben. Über Plav am See gelangen wir bei Kolasin zurück zur Hauptstraße. Es geht Richtung Süden immer entlang der schönen Schlucht, die die Morača geformt hat, bis zur Hauptstadt Podgorica. Eine wunderschöne Panoramastrecke!
Eine besondere Herausforderung
Eine Nerven aufreibende Prüfung des Fahrzeuglenkers steht allerdings noch bevor: Zunächst geht es auf einer landschaftlich wunderschönen Straße nach Cetinje. Ab hier sollte man wirklich routiniert im Umgang mit dem Womo sein und sich nicht aus der Ruhe bringen lassen, wenn man die kleine, schmale Panoramaroute über Rijeka Crnojevića nach Virpazar nimmt. Es beginnt ein schmales Asphaltband (Straße?) und bei Gegenverkehr sind unglaubliche Ausweichmanöver erforderlich. Die Ausblicke auf den Beginn des riesigen Skadarsko Jezero (Skutarisee), der als Nationalpark gilt, suchen allerdings – zumindest für den Beifahrer – ihresgleichen. Es ist der größte See der Balkanhalbinsel und – je nach Ansicht – neben dem Gardasee der größte See Südeuropas. Er liegt im Grenzgebiet zwischen Montenegro und Albanien und beide Staaten haben Anteil an der Fläche des Sees.
In Virpazar gibt es eine kurze Verschnaufpause, bevor es weiter entlang des Sees bis zur albanischen Grenze geht. Die Straße auf diesem Abschnitt ist nicht wirklich breiter! Bei einem schönen Aussichtspunkt in Grenznähe ändern sich die Gegebenheiten schlagartig: Eine breite, gut ausgebaute Straße führt immer an der Buna – dem Grenzfluss zu Albanien – entlang zur Küste.
Am schwarzen Sandstrand
Ein 12 Kilometer langer, schwarzer Sandstrand erstreckt sich von Ulcinj bis zur albanischen Grenze. Hier am Velika Plaza wollen wir noch zwei Wochen die Sonne und das Meer genießen. Wir kennen einen schönen Platz neben einer Strandbar, der sich dazu bestens eignet. Die Bar ist jetzt Mitte Oktober längst geschlossen und der Besitzer, den wir schon viele Jahre kennen, stellt uns diesen Platz zur Verfügung. Sogar die Stranddusche und die WC-Anlagen dürfen benutzt werden. Dafür kaufen wir jeden Tag Obst und Gemüse, das er in seinem Kofferraum frisch aus dem Garten anliefert, bevor er auf den Markt fährt. Die Sonne scheint und das Meer ist noch warm genug zum Baden. Wir lassen die Eindrücke und wunderschönen Erlebnisse der letzten Wochen Revue passieren, während die Hunde ausgelassen am Strand toben.
Für die Fahrt nach Hause wählen wir die Küstenstraße und wieder einmal wundert es uns, dass um diese Jahreszeit noch so viele Camper unterwegs sind. Das Wetter verschlechtert sich zusehends und deshalb nehmen wir in Kroatien die Autobahn, um auf direktem Weg nach Österreich zurückzukehren. 🐾
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