Was, wenn man dem Campingfieber verfallen ist und einen sehr großen Hund hat? Also einen wirklich großen Hund. Die größte Hunderasse der Welt. Würde er in ein »normalgroßes« Wohnmobil passen und würde er in den Hundebereich im Heck durch die »normalkleine« Tür hineinpassen? Monika Walke und ihr Mann wollten es wissen und haben sich an das Projekt »Ein irischer Wolfshund im Wohnmobil« gewagt.
Eigentlich wollten wir im Jahr 2020 mit unseren erwachsenen Söhnen Urlaub machen, doch die Maßnahmen der Regierung während der Pandemie ließen unsere Urlaubsträume platzen. So schwelgten wir an manchem Wochenende in Urlaubserinnerungen, holten alte Fotobücher vor, erzählten uns kleine Geschichten, die anfingen mit »weißt du noch …« und bekamen große Lust auf einen tollen Wohnmobilurlaub. Mit unseren drei damals pubertierenden Söhnen und unserem Belgischen Schäferhund hatten wir während mehrerer Sommerferien Wohnmobilurlaub im Süden und Norden Europas gemacht und waren jedes Mal total begeistert zurückgekommen. Obwohl unsere Freunde ernsthaft den Kopf schüttelten, wenn wir sagten: Dieses Jahr gehts wieder mit dem Wohnmobil los. Keiner von ihnen konnte sich vorstellen, dass man zu fünft mit einem Schäferhund entspannt im Wohnmobil reisen kann.
Unsere Lust auf Wohnmobilurlaub steigerte sich ins Unermessliche. Wir gingen an die Umsetzung. Dieser Urlaub würde unter anderen Voraussetzungen stattfinden. Unsere drei Söhne sind zwischenzeitlich erwachsen und leben, studieren und arbeiten in verschiedenen deutschen Städten. Unser Belgischer Schäferhund Barouf ist letztes Jahr gestorben. Also würden nur Rainer und ich mit dem Womo fahren und unser Irischer Wolfshund Gradaigh, von uns liebevoll Grady gerufen. Mit einem Stockmaß von guten 80 cm und einem etwas trägen Gewicht von 67 kg ein stattlicher, dreieinhalb Jahre alter Bursche, im Geiste ein kleiner, sehr streichelbedürftiger Schoßhund.
Was ist schon »normalgroß« …?
An einem geselligen Abend mit Freunden erzählten wir von unserer Idee, mal wieder mit dem Womo loszuziehen, die eingetretene Stille mit anschließendem lautem Gelächter war typisch. Keiner konnte sich vorstellen, dass die größte Hunderasse der Welt in ein »normalgroßes« Wohnmobil passen könnte. Daraufhin erklärte Rainer dieses Thema zur Chefsache, vergrub sich einige Wochenenden lang im Internet und wurde fündig. Strahlend zeigte er mir das Wohnmobil, das auf jeden Fall unseren Iren beherbergen könnte. Ein Wohnmobil mit einem extra Hundebereich im Kofferraum, Außenhundedusche und Halteringen an der Karosserie, um Schleppleinen zu befestigen.
Wir buchten für den 4. Juni 2021 ein »Vier-Pfoten-Mobil« und freuten uns fast ein Jahr lang auf diesen Urlaub. In dieser Zeit tat sich noch einiges. Die Pandemie schleppte sich dahin und legte den Reiseverkehr auch für Womos mehr oder weniger lahm und unser Rudel bekam Zuwachs.
Vierbeiniger Nachwuchs
Barouf war im Frühjahr 2020 über die Regenbogenbrücke gegangen, vor ihm im Januar unsere hochbetagte Katze Jenny. Grady trauerte um beide, zog sich zurück, schlief den ganzen Tag, es war kaum mit anzusehen. So entschieden wir, wieder einen zweiten Hund ins Haus zu holen. Diesmal sollte es ein Kleiner sein, denn das Leben mit unserem Schäferhund und unserem Irischen Wolfshund haben mir gezeigt, dass trotz viel Platz im Haus und im Garten es im Alltag nicht ganz einfach ist. Und so zog Henry ein, 9 Wochen alt, ein abenteuerlustiger, neugieriger und unerschrockener Pudel-Mops-Mischling. Schlagartig änderte sich Gradys überaus beschauliches Leben. Denn Henry entdeckte Grady als große Spielwiese und unser gutmütiger Ire ließ sich von Henry fast alles gefallen, blühte endlich wieder auf, tobte mit dem Kleinen herum und hatte wieder sichtlich Spaß am Leben. Der Juni 2021 kam langsam näher. Zwischenzeitlich konnten wir noch eine Woche Familienurlaub auf einer einsamen Berghütte einlegen und stellen zum wiederholten Male fest, dass Grady ein treuer und aufmerksamer Reisebegleiter ist. Er liebt es dabei zu sein, legt sich gerne so hin, dass er sein Rudel im Blick hat, kann auch von jetzt auf nachher in den Tiefschlaf fallen, am besten mitten im Weg, sodass alle Familienmitglieder über ihn steigen müssen. Eines war und ist ihm aber immer wichtig: Sein Schlafplatz muss neben unserem Bett sein, und so waren wir auch optimistisch, was unsere Wohnmobilreise anbelangte, denn da war er 24/7 bei uns, auch im Schlaf.
Richtung Süden – mehr nicht
Unser Reiseziel hatten wir offengelassen. Ursprünglich wollten wir gerne mit unserem Iren nach Irland, dies schloss jedoch die Versicherung des Hundemobils aus. Also entschieden wir nur, dass wir in den Süden fahren würden, hatten ein bisschen mit Albanien oder Kroatien geliebäugelt, warteten aber einfach ab, was die jeweiligen Regierungen zu den Reisemöglichkeiten kundtaten. Zwar lasen wir ein bisschen Reiseführer, aber entgegen unserer sonstigen Gewohnheit, die Reise sehr genau zu planen, wollten wir diesmal völlig frei und mit viel Gelassenheit am 4. Juni starten.
Je näher unser Urlaubsbeginn rückte, desto mehr Gedanken machten wir uns über unser irisches Sensibelchen. Er ist ein toller Hund, ruht in sich, betrachtet die Welt mit einer unglaublichen Gelassenheit, benutzt seinen Kopf tatsächlich auch zum Denken und kommt dabei leider manchmal zu anderen Ergebnissen wie wir und will von unseren nicht wirklich etwas wissen. Was uns manchmal in unglaubliche, oft lustige Situationen bringt, denn wenn unser Riese etwas nicht will, ist es sehr schwierig, ihn umzustimmen. Manchmal sind wir tatsächlich neidisch auf andere Hundemenschen, die uns erzählen, dass mit Leckerli oder einem saftigen Steak bei ihrem Hund alles möglich ist. Tja, bei Grady jedoch nicht, Leckerlis sind ihm so was von egal. Will er etwas nicht, dann schaut er einen mit seinen großen Augen ungläubig an, als wolle er fragen: Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Im Hundetraining ist er immer der Musterschüler, im Alltag überlegt er schon gerne mal, ob es sinnvoll ist, was ich jetzt von ihm will. Und vor diesem Hintergrund begann ich zu überlegen, ob er wohl in den Hundebereich einsteigen würde, die Tür erschien uns auf einmal sehr schmal. Wieder und wieder schaute ich mir die Fotos an und begann zu zweifeln. Er musste entweder in einem großen Satz durch die schmale Öffnung springen oder über eine schmale Rampe einsteigen. Mit Rampen hatte er es nicht so, war er als Junghund zweimal von einer abgestürzt. Sollte jedoch der Direkteinstieg nicht klappen, überlegte ich, so konnte er ja immer noch über den normalen seitlichen Wohnmobileinstieg hineingehen.
Was bedeuten würde, dass er zwischen Kochbereich, Kühlschrank, Toilette und Dusche durchgehen und sich dann etwas bücken musste, um unter dem Bett in seinen Bereich steigen zu können. Innerlich hoffte ich sehr, dass es in unseren geplanten drei Wochen keinesfalls regnen würde, denn jeder kann sich vorstellen, was passieren würde, wenn er nach einem ausgiebigen Regenspaziergang sich dort im Wohnmobil schütteln würde. Und klar war uns auch, wenn er im Wohnmobil stand, hätten wir beide kaum noch Platz. Über unseren kleinen Henry machten wir uns jedoch keine Gedanken, war er doch sowohl von der Größe als auch vom Gewicht neunmal kleiner als Grady. Und er war das genaue Gegenteil eines Sensibelchens, er war im wahrsten Sinne des Wortes ein größenwahnsinniger Unterhosentarzan, der von sich glaubte, mindestens so groß zu sein wie unser Ire und zehnmal so mutig.
Einsteigen bitte!
Wie erwartet, hatten wir schon zu Beginn der Reise spannende Momente mit Grady, aber da er uns liebt und es uns letztendlich recht machen will, brauchen wir nur jedes Mal Geduld und Humor und auch schwierige Situationen lösen sich auf. Am ersten Reisetag fuhren wir nur knappe 300 km. Auf der Fahrt schauten wir immer wieder über die Kamera in seinen Bereich und waren sehr beruhigt, dass er ganz entspannt vor sich hin schnarchte. Henry protestierte wie immer beim Autofahren aus seiner Box heraus, er wollte lieber vorne bei uns sitzen, am besten auf meinem Schoß, was ja schon mal gar nicht geht.
Auf der Fahrt entschieden wir, dass wir erst mal Kroatien ansteuern und vielleicht von Insel zu Insel fahren würden. Wollten wir uns doch lieber von schönen Plätzen und tollen Erlebnissen treiben lassen als von vielen Kilometern und einem Reiseziel, das wir irgendwann einmal gefasst hatten. Und das war eine super Entscheidung. Wir fuhren entspannt nach Kroatien, machten ein bisschen Inselhopping, blieben an schönen Plätzen länger, von vollen Stellplätzen flüchteten wir nach einer Nacht. Und diesen geruhsamen Urlaubsrhythmus machten die Hunde ganz prima mit. Bestimmte Abläufe behielten wir jedoch bei. Morgens machten wir zuerst einen ausgiebigen Hundespaziergang, meistens war es möglich, am Meer oder an einem Fluss entlangzugehen, danach war Frühstück für Mensch und Tier angesagt, den Tagesablauf passten wir dann an Temperatur und Örtlichkeiten an. Und abends gingen wir noch mal eine schöne Runde. Es war beruhigend zu sehen, wie die Hunde das Mobil als ihr zu Hause ansahen und Grady, wenn es ihm zu viel Trubel oder zu heiß war, in seinen gekühlten Hundebereich ging.
Grady, eher wasserscheu, verlor seine Zurückhaltung beim Thema Wasser und genoss es sichtlich, bis zum Bauch im Meer zu stehen und sich die Umgebung von dort aus zu betrachten. An heißen Tagen genoss er es regelrecht, wenn man ihn mit Wasser bespritzte. Henry zeigte uns, dass er nicht ertrinken wird, wenn er zu weit ins Meer hinaus geht, denn er schwamm super, liebte es aber viel mehr, am Strand entlangzurasen und seine Ohren flattern zu lassen. Es war ein superschöner Urlaub, den unser Ire mit Bravour gemeistert hat. Uns hat es aber schon ab und zu den Schweiß auf die Stirn getrieben.
Grady und sein Star-Modus …
Manchmal beim Bummel durch ein kleines Inselstädtchen, wenn wir die Attraktion für andere Menschen waren, die uns, vielmehr unseren Hund, fotografierten, die ihn streichelten, oft ohne uns zu fragen, was uns insgeheim verwunderte, da Grady eine durchaus imposante Erscheinung ist. Manchmal auch beim Gang zum reservierten Tisch auf der Terrasse eines Restaurants, wo auf einmal alle Augen auf uns ruhten und ich inbrünstig hoffte, dass niemand Grady ansprechen würde. Denn dann schaltete er in seinen »Starmodus«, blieb wie angewurzelt stehen, wendete dem Menschen seinen Kopf zu, forderte regelrecht zum Streicheln auf und beäugte in der Situation den Inhalt der Teller. Und war nicht zum Weiterlaufen zu bewegen, stand dann da, wie aus Beton. Waren wir aber an unserem Tisch angelangt, legte er sich quer in den Weg und konnte so stundenlang herumliegen, schauen und schlafen. Im Gegensatz zu unserem Pudelmops, der beim Queren des Restaurants keinerlei Schwierigkeiten machte, jedoch unter dem Tisch dauerte es ihm zu lange, weshalb er gerne Schachtelkasper spielte und vorbeilaufende Menschen erschreckte.
Manchmal beim Einparken unseres langen Wohnmobils auf kleinen Stellplätzchen wurden wir eifrig beäugt durch die Stellplatznachbarn, die erwartungsvoll auf die Öffnung der Türen des Vierpfotenmobils warteten und dann erschreckt zurückzuckten, wenn Grady mit einem großen Satz heraussprang. Wir hatten durch unseren Iren sehr viele Begegnungen mit interessanten Menschen, viele Gespräche und Erlebnisse, die wir ohne ihn so nie gehabt hätten. Wir staunten, wie viel freundliche Resonanz uns erreichte, staunten aber auch über viele erwachsene Menschen, die unseren Grady unbedingt streicheln und fotografieren wollten.
Unsere Entscheidung, mit ihm eine Wohnmobiltour zu machen war richtig. Es hat uns und unseren Hunden so gut getan. Natürlich haben wir Situationen erlebt, die mit so einem großen Hund nicht gehen. Wir strichen das Taxi-Boot, den Buszubringer und die Fahrt mit kleinen Booten. Wir kehrten bei der einen oder anderen Wandertour um, wenn sie zur Klettertour mutierte, wir mieden eng bestuhlte Terrassen und verließen Stellplätze, wo man die Markise des Nachbarn am Womo hängen hat, nach einer Nacht.
Nach kurzer Zeit machten uns die fassungslosen Blicke anderer Camper nichts mehr aus, wenn unser Grady ausstieg. Wir stellten fest, dass unser Sensibelchen sich anpassen und wenn es ihm zu viel wird, es uns auch zeigen kann. Mit einem Irischen Wolfshund diese Reise zu machen, ist kein Problem. Schwierig bzw. sehr schwierig dürfte es jedoch in einem normalen Wohnmobil sein, weil er da kaum die Möglichkeit hat, sich ausgestreckt hinzulegen. Und schwierig dürfte eine längere Reise mit ihm sein, wenn die Witterung nicht mitspielt. Ein dauernasser Ire in einem Wohnmobil dürfte sowohl für den Geruchsinn des Menschen als auch für die Sauberkeit des Womos schwierig werden. Da müsste man die Markise zu einem Vorzelt aufrüsten, damit er dann draußen liegen und abtrocknen kann.
Wir hatten herrliche Wochen mit unseren beiden und werden nächstes Jahr noch einmal mit ihnen auf Wohnmobiltour gehen. Viele unserer Erlebnisse mit dem Wohnmobil und unseren Hunden haben wir schriftlich und bildlich im Buch »Ein Irischer Wolfshund im Wohnmobil« festgehalten. 🐾
Buchtipp
Ein Irischer Wolfshund im Wohnmobil
Monika und Rainer sind bisher mit ihren drei Söhnen und einem Belgischen Schäferhund im Wohnmobil unterwegs gewesen. Doch jetzt soll es mit einem Irischen Wolfshund und einem Pudel-Mops-Mischling auf Reisen gehen. Geht das überhaupt? Die größte Hunderasse der Welt in einem Wohnmobil? Und wenn das geht, wie groß muss das Wohnmobil dann sein? Sie wagen den Schritt und bereisen 3 Wochen lang die kroatischen Inseln. In diesem Buch lassen sie uns teilhaben an Gelungenem und Schwierigem, an Schweißtreibendem und Erholsamen und manch lustiger Szene. Sie berichten über besondere Erlebnisse, tolle Stellplätze und den ganz eigenen Charme des Iren, der durchaus ein toller Reisebegleiter ist. Der aber auch manchmal zu »besonderen« Erlebnissen beiträgt. Und das Ganze wird durch Henry, den Pudelmops, getoppt.
Als Kindle erhältlich
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