Heft 1/22, Leben mit Hunden, Premium

Wenn auch unter Tränen … Nachruf auf Bazou

Wenn auch unter Tränen … ist es doch eine Freude, von geliebten Hunden, die uns vorausgegangen sind, erzählen zu können. So viele Mitcamper haben in der Vergangenheit unsere Freude geteilt, vor allem, wenn wir, Wim, Bazou, Chianga und ich, auf Reisen waren. Bazou war es immer und überall ein Herzensanliegen, Menschen zu begeistern, da, wo er war, war vorne. Weihnachten mussten wir Abschied von ihm nehmen. Fühlt man die Endgültigkeit auch noch so stark, sie ist nichts gegen die große Liebe und Dankbarkeit, die ein Fellkind in einem auszulösen vermag, über Lebzeiten hinaus.

Bazou kam als Kleiner und ging als Großer. Dazwischen liegen Lebenslust, Überschwang, Freude und Stolz. Er brachte unendlich viel Liebe mit für uns und unsere Familie. Unvergesslich, wie er Staunen auslösen und Lächeln auf Gesichter zaubern konnte.

Glück im Unglück

Niemals hätten wir vor ein paar Monaten auf unserer Baltikum-Reise ahnen können, dass uns das Schicksal so mitspielen würde, nicht jetzt schon, nicht jetzt. Und dann kommt der Tag, dieser eine Tag, diese Sekunde, die die Welt verändert, in der man sehnlichst erfleht, dass das, was man da an »Diagnose« hören muss, nicht wahr ist.

Das hatten wir doch alles schon mal. Denn wie nach unserem geliebten Arthus, einem Flat coated Retriever, wurde Jahre später auch unser erster Ridgeback Ekundayo plötzlich und grausam im Februar 2013 von uns gerissen. Die kaum auszuhaltende entsetzliche Trauer sorgte damals dafür, dass wir uns grundsätzlich für ein Leben mit Hunden entschieden, diese Entscheidung war »Glück im Unglück«, denn ohne Hunde geht es nicht.

War aber zunächst Abwarten angesagt, so führte uns nur wenige Tage später mein Blick in die Züchterlisten des VDH zu »Herrn Blau«, einem an die Züchterin zurückgegebenen moppeligen Rüden von 11 Wochen. Nein, was war der süß. Ich spürte damals förmlich schon nur beim Anblick seines Fotos seinen kleinen Speckbauch unter meinen Lippen. Und wie das dann so geht: Nur mal kurz anrufen wollen, vielleicht ist er ja auch schon weg, und dann nur mal kurz hinfahren, nur mal kurz anschauen, nur mal so … und »nur mal so« saß Herr Blau dann am Abend mit mir auf dem Rücksitz in unserem Auto auf dem Weg in sein neues Zuhause nach Köln. Ein kleines spaßiges, selbstbewusstes Kerlchen stapfte unternehmungslustig auf dicken Pfoten und mit noch leicht ungelenken langen Beinen in unser Haus. Er, der gnadenlose Eroberer, nahm seinen Kampf mit unserem immer wieder aufbrechenden Trauerschmerz auf, drang ungebremst tief in unsere Herzen.

Licht und Schatten

Das kleine Bübchen mauserte sich zu einem imposanten, nicht sehr abwartend-zärtlichen, dafür aber ungestüm-liebevollen Löwenjäger. Er strotzte vor Kraft, machte auch Gebrauch davon, war sehr verspielt, suchte immer stürmisch-verträglich das Spiel mit Artgenossen, brauchte unsere Nähe und den vollen Körperkontakt. Er kannte und liebte seine Rudel-Familie, egal ob im Haus lebend oder nur gelegentlich besuchsweise zugegen. Dankbar dafür, dass er sich immer, wenn auch häufig erst nach Bedenkzeit mit zur Seite geneigtem Trotzkopf, verlässlich unseren Überlegungen anschloss, bot er uns einzigartig begeisternde Einblicke ins Hundegemüt, vor allem als 3 Jahre später unsere erste Ridgeback Hündin Chianga einzog. Er liebte und verehrte sie, ließ gutmütig und gelassen alles über sich ergehen, was Chianga so »anordnete«. Er war eine Seele, eine die sich mit uns klaglos und selbstverständlich überall wohl fühlte. Ein Geschenk.

Und dann kam sein Geburtstag am 18.12.2021. Bazou wurde 9 Jahre, war gesund und munter, »ein Kerl wie ein Baum«. Wir sind nicht so die Geburtstagsfest-
Zelebrierenden mit Würstchen und anderen Leckereien auf dem Teller. Aber dieser Tag wollte einfach nicht so ein Tag wie jeder andere werden. Ich musste viel nachdenken, war sehr glücklich darüber, dass Bazou unser aller Leben derart bereichert, einfach dankbar für das riesige Glück mit ihm – spürte aber auch Sorge und Angst tief in mir. Keiner unserer vorherigen Hunde hatte sein Alter erreicht. Dieser bitter-süße Gedankenanflug warf Schatten auf die Geburtstagsfreude.

Drei Tage später sprang Bazou gewohnt unternehmungslustig aus dem Kofferraum, schrie plötzlich laut auf und schlich nur noch zusammengezogen und langsam nebenher. Das war nicht normal. Alle Alarmglocken gingen an. Schon am Nachmittag konnten wir ihn in der Tierklinik röntgen lassen. Er war schwerstkrank, große Tumore hatten sich in Milz und Leber eingenistet und wucherten, im Bauchraum fanden sich Spuren von Blut, eine OP war quasi unmöglich, versprach keinen Erfolg, Lebenserwartung Null. Das Grauen!

Völlig ausgehebelt und schockiert entschlossen wir uns, in Absprache mit der Klinik und mit Überweisung zur Euthanasie für den Tierarzt in der Nähe, Bazou mit nach Hause zu nehmen und bei Verschlimmerung sofort zu handeln. Es ist für uns keine Frage, letzte Wege gemeinsam zu gehen, den Akt größter Tierliebe an sich zu vollziehen, aber jetzt und hier in der Klinik noch nicht, auch wenn es durch die anstehenden Feiertage womöglich nicht leicht werden würde.

Bazou verbrachte glücklich mit uns, Chianga und der ganzen Familie wie immer Heiligabend und Weihnachten, war mittendrin und genoss es. Alle konnten sich auf ihre Weise verabschieden. Nach ruhiger Nacht aber extremer Verschlechterung von einer Sekunde zur anderen am Morgen des zweiten Weihnachtstages, haben wir Bazou in unseren Armen friedlich einschlafen lassen.

Trauer und Erschütterung werden nicht nur Wim, mich und Chianga, die sich von ihrem leblosen Freund durch komplettes Abschnüffeln verabschiedet hat, sondern auch unsere erwachsenen Söhne, meine 90jährige Mama und meine Schwestern mit Familien begleiten. Wege ohne Bazou müssen gegangen werden. Unsere Herzen werden immer verbunden sein, auch wenn in Bazous Fußstapfen mal ein nächstes Hundekind treten sollte. Ein Herz kann sehr geweitet werden, ein Hund schafft das.

Loslassen

Während eine Kerze brennt auf Bazous Grab im Wäldchen in unserem Garten unter den Tannen hoch über dem Dorf mit freiem Blick, tröstet uns die Gewissheit, dass unser Bazou nun leinenlos glücklich bei unserem Arthus und unserem Ekundayo und den vielen anderen Liebchen der Hundefreunde im Hundehimmel ist – ein Trost für uns und vielleicht für viele Hundemenschen unter uns.

Loslassen und losgelassen werden war für Bazou immer das größte Glück. Erst dann erlebten wir mit jeder Faser, was wirkliche Bindung bedeutet.

Und in seiner Todesstunde am Weihnachtstag … zogen plötzlich viel zu früh im Jahr scharenweise Kraniche tief durch unser Tal und schwangen sich plötzlich hoch hinauf in den Himmel. Einer davon hatte Schlabberbacken. Mein vogelfreies Bübchen … zeig allen, wo vorne ist!

Bazou Bahati
(Swahili: Regenbogen – mein Glück)
*18.12.2012 – † 26.12.2021

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