Campen mit Hund: Das ist schon seit Langem unser Ding. Wenn die Schiebetür unseres geliebten Dr. Horst Weinsberg (ja unser T3 hat promoviert und trägt Vor- und Nachnamen) sich geräuschvoll öffnet und es mal wieder ans Packen geht, dann sitzen unsere Hunde im Wohnzimmer erwartungsfroh in ihren Boxen. Mit trauter Regelmäßigkeit geben sie, mehr oder minder, laute Töne von sich, damit wir sie bloß nicht vergessen. Wenn sie dann endlich in den Bulli einsteigen dürfen, tun sie das mit so viel Schwung, dass sie froh sein können, dass der Bulli nicht auf beiden Seiten Schiebetüren hat. Den Spaß würden wir uns vermutlich jedes Mal gönnen.
Elvis und Arruh, ein Malinois-Rüde und eine X-Herder-Hündin, sind auf unseren Touren immer mit von der Partie. Es sei denn, wir fahren zu Musikfestivals. Da lassen wir sie zu Hause bei unserem Sohn. Grundsätzlich haben wir sehr viel Freude daran, unsere Hunde immer dabei zu haben. Es wäre sogar noch freudvoller, wenn es keine anderen Camper-Hunde bzw. deren Besitzerinnen und Besitzer gäbe. Denn unsere Hündin Arruh ist sozial eher unterbelichtet. Wenn sie frei läuft, geht es in der Regel, aber dann meint sie, alle Menschen um sie herum maßregeln zu müssen. Und wenn so eine durchgeknallte X-Herder Lady »maßregelt« haben zumindest die Klamotten hinterher Löcher – also nix mit Freilauf. Kein Problem. Aber an der Leine findet sie es eine Frechheit, wenn andere Hunde sich frei bewegen dürfen, also will sie diese maßregeln. Vielleicht meint sie auch nur, uns wäre langweilig und sie müsste uns beschäftigen, wer weiß.
Nein, Spaß beiseite. Um ihr Verhalten zu verstehen, muss man wissen, dass wir Arruh zweijährig aus einer Malinois-Nothilfe übernommen haben. Arruh war im Hundesport extrem negativ verstärkt worden und hat irgendwann alles angegriffen, was ihr in die Quere kam. Auch ihren Hundeführer. Unserer Meinung nach zu Recht, aber ihre Seele hatte schon einen sehr tiefen Kratzer abbekommen, als sie dann ins Tierheim abgeschoben wurde. Im Grunde ein unvermittelbarer Hund. Zur Negativverstärkung kam dann noch eine ausschließliche Zwingerhaltung in den ersten, prägenden Jahren. Der Hund kannte, außer einem Schäferhund als Gefährten, nichts, nur Zwinger und Hundeplatz.
Im Tierheim hatte man schon ganz hervorragende Arbeit geleistet, war regelmäßig mit Arruh spazieren gegangen und hatte herausgefunden, wie man sich ihr nähern konnte, ohne dass sie sofort in den alten, negativen Hundesportmodus fiel. In dieser Phase sind unser Sohn, unser Malinoisrüde Elvis und ich von Hamburg nach Pfaffenhofen gefahren, um uns diesen verrückten Hund einmal anzuschauen. Und was soll ich sagen: Nachdem sie einmal kurz nach meiner Hand geschnappt, unseren Sohn sofort akzeptiert und sich in Elvis verliebt hatte, haben wir Arruh mit nach Hause genommen. Ein wunderbarer Hund: verschmust und supergelehrig. Aber eben mit vielen Narben auf der Seele, die immer wieder aufplatzen. Bis heute – Arruh ist inzwischen 4,5 Jahre bei uns – muss sie sich wahnsinnig zusammenreißen, wenn Traktoren oder Lkw an uns vorbeifahren. Sie findet das unmöglich und ist der festen Überzeugung, dass man sie problemlos stoppen könnte, wenn man ihnen einfach in die Reifen beißt. Auch wenn sie fahren … Bei anderen Hunden rastet sie jetzt nicht mehr vollkommen aus, aber nur, wenn wir uns 100 % auf sie konzentrieren. Fremde Menschen beißt sie immer noch gern, wenn sie ihr zu nahe kommen. Darum trägt sie draußen immer einen Maulkorb. Denn Menschen sind leider viel dümmer als Hunde. Sie sind entweder gedankenlos oder – noch schlimmer – sie meinen, sie wären so toll mit Hunden und die würden das ja merken. Falsch! Arruh ist das total egal. »Du kommst ungefragt zu nah? Dann beiß ich Dich!« Das ist ihr Motto. Nur wer den Hund komplett in Ruhe lässt und wartet, bis sie von selbst kommt – und das dauert – hat eine Chance auf einen Nichtangriff und später auf ihre bedingungslose Freundschaft.
Ziemlich lange Vorgeschichte für eine Camperstory. Aber wer mit Hunden campt weiß jetzt schon um die Probleme, die wir oft haben. Da Arruh inzwischen immer einen Maulkorb trägt, sobald sie aus dem Bulli purzelt, laufen die Probleme auf Campingplätzen gegen null. So ein Maulkorb hält Menschen fern. Schöner Nebeneffekt: Die Menschen halten auch ihre Hunde auf Abstand. Merkwürdig, denn eigentlich kann mit Maulkorb ja nichts passieren. Umgekehrt wäre es viel gefährlicher. Der Effekt ist so super, dass Elvis – der Rüde – zwischendurch auch immer mal wieder einen Maulkorb trägt, denn so lassen die Menschen ihn in Ruhe. Elvis ist nämlich die personifizierte Freundlichkeit und wird daher selten in Ruhe gelassen. Was für ihn megaanstrengend ist. Also: Maulkorb drauf und schon ist Ruhe. Zurück zum Thema: Gott sei Dank herrscht auf fast allen Campingplätzen inzwischen Leinenpflicht. Das macht es uns in dieser Hinsicht leicht. Wenn dann doch mal ein ungebetener Hundegast vorbeischaut, wird er von uns konsequent verjagt und den Besitzern wird eindrücklich vermittelt, dass sein Hund zwar gern zu uns kommen kann, sie aber nicht erwarten dürfen, dass er in einem Stück zurückkommt. Das Erstaunliche daran: Wir werden dann meistens erst einmal beschimpft. Obwohl unsere Hunde (noch) nichts gemacht haben, außer friedlich vor unserem Bulli zu liegen. Der Hund der Schimpfenden ist ungebeten zu uns gekommen und hat sich, das ist leider die Regel, nicht sofort oder überhaupt nicht von seinen Besitzern abrufen lassen. Finde den Fehler!
Das ist übrigens auch der Grund, warum wir immer zögern auf Vantreffen zu fahren: Es laufen einfach zu viele Hunde unbeaufsichtigt und oft auch schwerhörig frei auf den Treffen herum. Das bedeutet für uns: Morgens, wenn alle noch schlafen, die Hunde bespaßen, um sie dann den Rest des Tages in den Bulli zu sperren. Dann wieder einen geeigneten Moment abpassen, um dann wieder mit Rundumradarblick den Hunden gerecht zu werden. Megaanstrengend! Oft stoßen wir auf Unverständnis, denn die anderen Hunde machen ja nix … Das stimmt in der Regel auch, aber wirklich gehorchen tun sie auch nicht. Wir haben leider noch nicht einen Hund erlebt, der sich sofort hat abrufen lassen, wenn er auf unsere Hunde zugekommen ist.
Wir können durchaus verstehen, dass andere Menschen ihre Hunde nicht einschränken wollen, nur weil wir einen bekloppten Hund haben, aber wir sind ja nicht die Einzigen, die ein Problem mit ungebetenen Hundebesuchen haben. Es gibt einfach sehr viele Menschen die Hunde nicht mögen oder Angst vor ihnen haben. Ihnen hilft es nicht, wenn Hundehalter kurz versichern, dass ihr Hund nix tut. Und oft sind diese Menschen schon so wütend, dass sie sich massiv beschweren: bei Campingplatzbetreibern und bei zuständigen Behörden. Das Ergebnis kann man auf einigen Campingplätzen an der Kieler Ostseeküste bereits beobachten: Hunde sind nicht mehr willkommen. Natürlich spielen da die nicht weggeräumten Hinterlassenschaften auch eine Rolle. Was bei frei laufenden Hunden auch schwerer im Auge zu behalten ist. Noch so ein Problem auf Vantreffen. Für Eltern mit Kindern maximal ärgerlich …
Ein weiteres, sehr weit verbreitetes Missverständnis: Einem Hund geht es per se nicht besser, wenn er frei laufen darf. Er kann dadurch einfach nur sein Bedürfnis nach Bewegung selbst befriedigen. Ein Bedürfnis nach Freiheit, so wie wir Menschen es verstehen, hat ein Hund nicht. Wenn wir Menschen also das Bewegungsbedürfnis des Hundes befriedigen und noch mehr das nach Spiel und geistiger Auslastung, dann tun wir zum einen sehr viel für die Beziehung zu unserem Hund und wir müssen ihn gar nicht unbeaufsichtigt frei rumlaufen lassen.
Stellt sich die Frage: Wie beschäftige ich meinen Hund? Und wie viel Bewegungsbedürfnis hat so ein Hund. Das mit dem Bewegungsbedürfnis ist natürlich extrem unterschiedlich. Wenn ein Basset die Strecke laufen müsste, die unsere Hunde täglich für zu kurz halten, dann würde er vermutlich schon nach einem Viertel die Beinchen in die Luft strecken. Aber es ist auch nicht so, dass wir mit unseren Hunden jeden Tag 20 km marschieren. Tatsächlich gibt es nur eine große Runde am Tag und sonst nur einen kurzen Ausflug ums Eck. Dafür aber jeden Tag zwei bis dreimal fünf bis zehn Minuten Kopfarbeit. Und wenn es weder mit der Bewegung noch mit der Beschäftigung so richtig geklappt hat, dann gibt es eine Mahlzeit, die den ganzen Hund fordert: frische, ganze Rinderohren, ganze Kaninchen oder Lammköpfe … Ja, das ist eklig, beschäftigt die Hunde aber erst einmal kautechnisch sehr lange und danach knockt der Verdauungsprozess sie aus. Das kann man gut machen, wenn man mal einen Tag keine Zeit hatte.
Kopfarbeit ist bei unseren Hunden mit Aufgaben aus dem Hundesport belegt: Fährte, Unterordnung und bei Elvis auch Schutzdienst. Alles zu 100 Prozent über positive Verstärkung trainiert. Die Einheiten sind nie länger als 10 Minuten. Tatsächlich sind es, wenn wir wirklich auf die Uhr gucken, oft nur fünf Minuten. Fünf Minuten hohe Konzentration sind für die Hunde so anstrengend, dass sie danach wunderbar ausgelastet sind. Dabei müssen es ja keine Hundesportaufgaben sein. Es gibt viele tolle Tricks, die man seinem Hund beibringen kann. Oder, und das machen wir auch, man lässt die Hunde mit der Nase arbeiten. Warum nicht zur Abwechslung mal mit dem Trockenfutter eine Fährte legen? Achtung: Am Anfang nicht zu schwer. Man vertut sich, wie anstrengend Futtersuche bzw. Nasenarbeit tatsächlich ist. Wir verteilen das Trockenfutter auch gern auf einer Fläche rund um den Anbindeplatz der Hunde. So haben sie auch beim Fressen wieder etwas zu tun. Natürlich kann man auch diese komischen Spielzeuge und Schnüffelteppiche kaufen, wenn man den Platz im Camper hat. Da wir im Bulli um jeden Zentimeter kämpfen, verzichten wir darauf. Und mal ehrlich: So wirklich braucht man den Kram nicht. Bei uns geht es sogar schon so weit, dass wir auf Fressnäpfe verzichten und nur noch einen Wassernapf dabeihaben. Den Hunden ist das egal.
Zurück zum »Problemhund«. Man sagt ja, dass das Problem oft am anderen Ende der Leine hängt. Das stimmt. Und manchmal hängt das Problem am anderen Ende der anderen Leine … Es ist schwer zu verstehen, dass es Hunde gibt, die andere Hunde und auch andere Menschen nicht mögen. Dabei sind die Gründe dafür eigentlich egal. Und ja, es gibt Hunde, die finden andere Hunde einfach so doof. Es soll ja auch Menschen geben, die nicht sooo viel Lust auf ungebetene Gesellschaft haben. Denn genau das sind Hunde, die einfach so in das Territorium eines anderen Hundes eindringen – ungebeten. Da Hunde nun mal in Hundemanier reagieren, wenn sie etwas nicht mögen, sieht das dann oft dramatisch aus. Aber was soll der Hund, in dessen Territorium ungebeten reingetrampelt wurde, denn machen, wenn er das nicht möchte? Gute Frage, oder?
Für viele Hunde, viele Menschen und auch für viele Hundehalter ist es purer Stress, wenn frei laufende Hunde unaufgefordert auf einen zukommen. Aber das muss ja nicht sein. Wir können unsere Hunde ja freilaufen lassen. Es ist unsere Verantwortung, dass unsere Hunde dabei niemanden belästigen oder in Stress versetzen. Im Grunde kein Problem, wenn wir aufpassen und unsere Hunde reagieren, wenn wir sie rufen. Übrigens: Wir lassen unsere Hunde auch freilaufen. Dort, wo sonst niemand ist. Ein Spaß für die ganze Familie … 🐾
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